2. November 2019

Koala … wenn die Augen um Leben betteln



Koala

Koala gehört zu den mehr als 70 Hunden aus Lazio, die wir in diesem Sommer davor bewahrt haben, von ihrer Gemeinde in eine italienische Hundehölle deportiert und dort für den Rest ihres Lebens lebendig beerdigt zu werden. Er ist ein hübscher, aber unauffälliger Hund, der sich eher im Hintergrund hält und abwartend beobachtet. Dabei ist Koala nicht ängstlich, aber vorsichtig. Er kam als Welpe ins Tierheim und hatte nie die Chance, zu lernen, was es heißt, Vertrauen zu Menschen oder auch nur ins Leben haben zu dürfen.

Aber hinter dem zurückhaltenden Wesen verbirgt sich ein Charakter, der gelernt hat, auf sich selbst aufzupassen und sich im harten Tierheimalltag zu behaupten. Als Bardinomix verfügt Koala über sehr viel Willensstärke und Instinkttreue. Und obwohl diese Eigenschaften ihn zu einem wunderbaren Hundefreund machen werden, sobald er gelernt hat, sich der Geborgenheit einer Familie anzuvertrauen und sich dort sicher zu fühlen, wurde ihm seine Fähigkeit, eigenständig über sein Schicksal zu entscheiden, jetzt zum Verhängnis.

Koala lebt in einer Pflegestelle und mit seinem Pflegeherrchen zusammen in einer hübschen, großzügigen Dachgeschosswohnung im dritten Stock. Die beiden mögen sich sehr und haben bereits ein inniges Verhältnis zueinander aufgebaut. Beide sind "Naturbuschen" und lieben es, an der frischen Luft zu sein, schlafen nachts gemeinsam im Schlafzimmer bei offenem Fenster. Koala kennt das, seit er dort ist und hat die Fenster nie weiter beachtet. Vor einigen Tagen hatte sein Herrchen morgens die Wohnung kurz verlassen und wie gewöhnlich das Fenster im Schlafzimmer zum Lüften offen gelassen.

Warum Koala diesmal nicht einfach auf der Couch liegen blieb und wartete, sondern die Tür zum Schlafzimmer öffnete, wissen wir nicht. Auch nicht, was in seinem Kopf vor sich ging, als er auf die Fensterbank sprang. Vielleicht wollte er hinter seinem Pflegeherrchen her, vielleicht trieb ihn etwas anderes, so dass er dachte, sich in Sicherheit bringen zu müssen. Klar ist nur, dass ihm die Höhe, die auf der anderen Seite der Fensterbank wartete, nicht bewusst gewesen sein kann. Als er das Gleichgewicht verlor und abrutschte, warteten mehr als 10 Meter Abgrund auf ihn …

Als man ihn fand, lag er vor dem Eingang des Hauses, zerschmettert und leblos. Bei seinem Anblick ging niemand davon aus, dass er diesen Sturz überlebt haben könne …doch wie durch ein Wunder schlug er nach einiger Zeit die Augen auf und wedelte ganz leise mit der Schwanzspitze … als wolle er sich entschuldigen...

Koala Die Diagnosen in der Tierklinik waren entmutigend. Nach der Erstversorgung war schnell klar, dass er diverse innere Verletzungen hatte, unter anderem massive Risse in Leber, Milz und Blase. Außerdem war sein Becken komplett zertrümmert und stark nach oben verschoben. Aber am gravierendsten waren die Nervenschäden, die damit einher gingen. Ein Hinterbein zeigte überhaupt keine neurologischen Reaktionen mehr, das andere reagierte stark eingeschränkt. Neben allem anderen war Koala ab der Hüfte gelähmt...



Koala Keiner traute sich, eine Einschätzung abzugeben, ob er die erste Nacht überhaupt überstehen würde. Er wurde stabilisiert, aber wir standen vor einer schweren Entscheidung: Lassen wir ihn sofort einschläfern, um ihn von seinen starken Schmerzen zu erlösen und weil seine Prognosen denkbar schlecht sind oder geben wir ihm eine Chance...

Da schaute er uns an.

Und es war allen klar, dass Koala kämpfen wollte. Da wir ihn hierher geholt und somit letztendlich in diese Situation gebracht hatten, hatten wir auch die Verantwortung übernommen, alles nur in unserer Macht stehende für ihn zu tun. So entschlossen wir uns, die horrenden Kosten, die uns avisiert wurden, zu ignorieren und ihm die Chance zu geben, um die uns seine Augen baten. Also bangten wir uns durch die erste Nacht. Würde er die schaffen, sollte am nächsten Tag die erste OP folgen, um die inneren Blutungen zu stoppen. Und Koala schaffte die Nacht.

Am nächsten Nachmittag wurde er das erste Mal in den OP-Saal geschoben. Die Risse in Leber und Milz wurden geschlossen, der Riss in der Blase stellte sich als problematisch heraus, weil ein Harnleiter mit betroffen war. Aber auch das konnte letztendlich wieder in Ordnung gebracht werden. Nach einer stundenlangen OP wurde Koala zurück in seinen Käfig gebracht. Die inneren Blutungen waren gestoppt. Doch nun begann wieder das Bangen, ob er die Folgen der OP in seinem kritischen Zustand wegstecken würde.



Koala
Koala
Wieder bewies Koala, dass er ein Kämpfer ist. Er erholte sich in den nächsten Tagen besser als erwartet. Nach 2 Tagen Ruhe wurde er erneut in den OP geschoben, um das zertrümmerte Becken zu richten.

Die Schäden am Becken waren gravierend. Mehrfache Brüche beidseitig, Knochenabsplitterungen und starke Verschiebungen der einzelnen Fragmente mussten teils entfernt, teils gerichtet und wieder zusammengefügt sowie gegeneinander verschraubt werden. Auch das gelang in einer stundenlangen OP. Nur an den abgerissenen Nervenwurzeln, die bei der OP ebenfalls zu Tage kamen und die für die neurologischen Ausfälle der Hinterbeine verantwortlich sind, konnte nichts ausgerichtet werden. Einige Nerven sind aber noch intakt und es besteht die Hoffnung, dass diese im Laufe der Zeit die Aufgaben der kaputten Nerven übernehmen werden.

Nun liegt Koala zusammengeflickt, aber noch weitgehend bewegungsunfähig in der Klinik. Sein Lebenswille ist jedoch ungebrochen. Nach einigen Tagen, in denen nichts ging, hat er wieder angefangen zu fressen und zu trinken. Er verfolgt aufmerksam seine Umwelt und robbt sich auf den Vorderbeinen in eine andere Position, wenn das Liegen unangenehm wird. Vor allem aber: Was immer mit ihm gemacht wird - ob unangenehme Behandlungen, ob die schmerzhafte Prozedur, seine Blase und seinen Darm zu leeren, ob er getragen oder ungebettet werden muss - Koala lässt alles sanft und geduldig über sich ergehen und leckt den Menschen, die ihm helfen, nur dankbar die Hände.

Koala Koala Koala



Die Kosten, die ihm das Weiterleben ermöglichen, sind allerdings immens. Die beiden OPs plus Erstversorgung haben mit insgesamt 5.750 EUR ein riesiges Loch in unsere Kasse gerissen. Jetzt kommt die weitere Behandlung in der Tierklinik, die Physiotherapie, die er seit einigen Tagen bekommt, dann die Nachsorge beim Haustierarzt... es wird Wochen dauern, und noch einige tausend Euro verschlingen, bis er - soweit das möglich ist - wiederhergestellt sein wird.

Und dafür brauchen wir eure Hilfe.

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