Floc ist rechts im Bild
Sie kamen zu zweit, irgendwann im Jahr '96. Und weil sie zwar noch jung waren, aber niemand ihr Geburtsdatum kannte, bekamen sie
eins zugewiesen: 1. Januar 1996. Zwei schwarz-weiß-gefleckte, struppige Welpen, die sich so sehr ähnelten, dass man sie
kaum auseinander halten konnte. Vermutlich waren sie eineiige Zwillinge, so exakt glichen sich ihre Zeichnungen bis auf ganz winzige
Unterschiede. Und bis auf die Tatsache, dass Flocs Fell ein ganz klein wenig rauhhaariger war als das von Flic. Und so sehr, wie sie
sich glichen, so hingen sie auch aneinander.
Weil nur Eingeweihte die beiden auseinander halten konnten, wurden sie auf den Namen "Flic und Floc" getauft. Eigentlich
hieß die eine Schwester Flic und die andere Floc, aber eben wegen der Ähnlichkeit wurde nur im Doppelpack von ihnen
gesprochen: "Flic und Floc" halt.
Die beiden entwickelten sich so, wie Welpen im Canile sich oft entwickeln, wenn die Zahl der Hunde stetig wächst, die Zahl der
Pfleger hingegen genauso stetig abnimmt und niemand Zeit hat, sich um Welpen besonders zu kümmern: sie wurden scheu. Nicht so
sehr, dass man nicht an sie heran gekommen wäre und von den Pflegerinnen ließen sie sich auch gern streicheln. Aber die
beiden Mädels lebten ein zurückgezogenes Leben in ihrem Freilauf zusammen mit ein paar Freunden - ihr Leben lang. Und Floc
war immer noch ein ganz klein wenig zurückhaltender als ihre Schwester - meist sah man sie nur im Hintergrund. Sie gehörten
zum Gefolge von Lupa Grigia und verbrachten lange Jahre mit ihr zusammen, ebenso wie mit Fjella, Piselino und dem kleinen Zingarello.
Obwohl Flic und Floc eigentlich sehr hübsch waren in ihrer ruppigen Farbigkeit, beachtete nie jemand die beiden. Sie gehörten
zum Canile wie so viele andere, ohne jemals eine Chance auf ein eigenes Leben und eine eigene Familie zu bekommen. Ihre einzigen
Highlights waren die Patenpakete, die durch Fjella in den letzten Jahren in ihre kleine Welt kamen und von denen jeder aus dem
Altenteil-Rudel immer seinen Teil ab bekam.
In den letzten Jahren ging es Floc nicht mehr ganz so gut. Sie hatte Probleme mit einem Auge, ihr Herz spielte auch nicht mehr so mit
und zum Schluss bekam sie auch noch Krebs, der nicht operiert werden konnte. Ein Tumor in der Lunge besiegelte ihr Schicksal und es
gab nichts in Flocs Leben, wofür es sich zu kämpfen gelohnt, wofür das Weiterleben Sinn gemacht hätte.
Am 6. August 2009 erlöste unsere Tierärztin sie von ihrem Leiden. Von einem Leben ohne Zuwendung, ohne Liebe, ohne
Geborgenheit, ohne Nähe. Von einem Leben auf Kieselsteinen, auf Bretterböden, auf Beton. Von einem Leben, in dem nichts
Weiches, Sanftes die Einsamkeit und Langeweile erträglicher gemacht hätte. Außer ein paar Decken in allzu kalten
Winternächten und selten die streichelnde Hand einer Pflegerin ...
Flic im Vordergrund
Zurück geblieben ist Flic, die Schwester. Noch einsamer, noch trauriger, noch zurückgezogener als früher. Vielleicht hat
sie ein klein wenig Glück und findet noch einen Paten, der ihr das Leben etwas verschönert, bis sie Floc irgendwann
folgt. Denn eine Chance auf ein Zuhause hat Flic in ihrem Alter wohl leider auch nicht mehr.