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5. April 2009

Jule

Jule

Jule ist etwas ganz Besonderes.
Sie ist wie ein Welpenmädchen und gleichzeitig ein „alter” Hund.
Sie ist einerseits verspielt und andererseits so zurückhaltend.
Eine agile Hündin und dann vor Schreck erstarrt.
Sie ist zuhause und doch auf der Flucht.
Sie ist der Sonnenschein und dann wieder der düstere Mond.
Sie ist unbändig fröhlich und dann wieder abgrundtief traurig.
Sie ist schwierig und doch so pflegeleicht.
Sie ist verschmust und verkuschelt und im nächsten Augenblick hat sie Angst vor der kleinsten Berührung ...


Jule ist ein unglaublich liebenswerter Hund, aber Jule ist auch ein Hund, der sehr viel Einsatz fordert. Sie ist in sich selbst gefangen und hat es doch so sehr verdient, befreit und geliebt zu werden. Jules Schicksal ist durchzogen von Tragik und wir wünschen ihr doch so sehr ein Happy End.

Jules Geschichte:

Im Jahr 2007 wurde sie in Frankreich von einem Mann in einem Tierheim abgegeben, angeblich war sie gefunden worden. Wer Jule in ihrer ersten Zeit kennen gelernt hat, weiß, dass diese Hündin sich von niemandem auf der Welt hätte einfangen lassen. Sie hatte eine so ungeheure Fluchtdistanz, dass man sich ihr überhaupt nicht nähern konnte. Vermutlich war der Finder nichts als ihr alter Besitzer, der es leid war, mit dem panischen Bündel umzugehen, das er aus einem einst bestimmt sehr fröhlichen und mutigen Hundemädchen gemacht hatte. Was ihr alles angetan wurde, möchten wir lieber gar nicht erst wissen.

Ein Jahr saß die kleine Hündin dann in dem Tierheim - Betise wurde sie genannt, das heißt Dummheit. Aber sie ist nicht dumm, überhaupt nicht, sie war nur starr vor Angst. Im Sommer 2008 wurde das Tierheim geschlossen und alle Hunde, die bis dahin nicht vermittelt waren, sollten getötet werden. Sie hatte noch zwei Tage zu leben, als wir anriefen und darum baten, sie uns zu schicken.

Jule Und eigentlich hatte Jule es nun fast geschafft. Sie kam in eine Pflegestelle nach Norddeutschland und sie hatte die Option, für den Rest ihres Lebens dort bleiben zu dürfen ... vorausgesetzt natürlich sie würde sich wohl fühlen. Wir hatten fast keine Information über die Kleine bekommen und waren guten Mutes, dass wir bei all unserer Erfahrung ihre Ängstlichkeit schnell in den Griff bekommen könnten.

Jules Entwicklung:

Aber Jule war nicht einfach nur ängstlich, Jule war gefangen in einem ungeheuren Trauma. Sie war so starr vor Angst, dass sie sich in den ersten Wochen anfühlte wie ein kalter Betonklotz: starr und hart. Wenn man sie überhaupt berühren konnte. Zu wissen, dass jemand etwas von ihr wollte, ließ sie zu einem panischen Bündel werden, dass sich unruhig so weit wie möglich in irgendwelche Ecken drängte und über Tische und Bänke ging, um weg zu kommen. Wenn man sie in ganz arge Bedrängnis brachte schnappte sie hilflos in die Luft - sie wollte nicht weh tun, sie wollte nur zeigen, wie sehr sie unter der Annäherung litt.

Jule Jule


Jule Dann fing sie aber trotzdem langsam an, Kontakt aufzunehmen ... ganz vorsichtig ... anfangs immer über einen anderen Hund hinweg ... nie direkt ... und nie, wenn man ihr die Aufmerksamkeit zuwandte. Am liebsten von hinten, so dass man sie nicht sehen konnte. Blicke ertrug sie gar nicht, eine Hand nach ihr ausstrecken war unmöglich, sie mit Futter locken hieß, sich auf Tage jedes mühsam errungene Vertrauen wieder zu verscherzen. Und trotzdem kam sie immer wieder leise angeschlichen, leckte ganz schnell an dem Menschen, der ihr Gutes tat und verschwand wieder, wie ein Blitz. Sie wollte so gern etwas wieder geben, wollte so gern eine streichelnde Hand, wollte so gern Liebe - und hatte gleichzeitig so ungeheure Angst davor. Sie rührte uns oft unendlich mit ihrer stummen Hilflosigkeit.

Jule Ganz leise - nach und nach - befreite sie sich dann doch aus ihrer Isolation. Aber jede falsche Bewegung, jedes laute Geräusch warf sie genauso schnell wieder fast an die Stelle zurück, von der sie aufgebrochen war. Drei Schritte vor und zwei zurück, sie tat sich schwer mit sich selbst. Damals fingen wir an, zu ahnen, was mittlerweile für uns Gewissheit ist: Jule passt in ihr momentanes Zuhause einfach nicht hinein. Durch die permanent wechselnden Pflegehunde und die vielen Menschen, die ein und aus gehen, ist es dort viel zu unruhig für ihre erschütterte Seele. Und es bleibt nicht genug Zeit, Ruhe und Geduld, um sich dieser kleinen Maus so ausgiebig zu widmen, wie sie es nötig hätte, wie wir es gern tun würden. Also haben wir uns schweren Herzens dazu entschlossen, für sie ein neues Zuhause zu suchen, wo man ihr gerecht werden kann.

Sie selbst hat uns den Weg gezeigt: Bei sanften Menschen in ruhiger Umgebung taut sie schnell auf und erreicht eine Zutraulichkeit und innere (Angst-)Freiheit, die sie in der Pflegestelle nach all der Zeit nur in kurzen Augenblicken entwickeln kann. Und Jule kann mittlerweile so ungeheuer liebevoll sein, so rührend sanft, so anhänglich, so gebend, so verschmust, so fröhlich, so herrlich unbedarft, albern und lebenslustig, dass es ein Traum ist, sie um sich zu haben und sie dabei zu erleben. Sie muss sich nur sicher fühlen und geborgen.


Jule Jule
Jule Jule
Jule

Jules Zukunft:

Jule Aber so klein und pflegeleicht Jule auf der einen Seite auch ist, sie stellt an ihre neuen Menschen große Anforderungen. Sie benötigt liebevolle und sehr verständnisvolle Menschen, die viel Zeit für sie haben und unendliche Geduld. Jule hat furchtbare Angst vor tiefen oder lauten Stimmen und bevorzugt eine eher ruhige und geordnete Umgebung. Sie sucht die „Samtpfoten” unter den Menschen, mit ruhiger, aber vertrauensvoller Stimme; mit ruhigen und weichen Bewegungen. Menschen, die Geborgenheit und Sicherheit ausstrahlen und ihr doch eine klare Linie geben können. Hat man Jules Herz gewonnen, so ist sie ein absolut fröhlicher und bewegungsfreudiger Hund. Sie kann dann so voller Lebensfreude, liebevoll und anhänglich sein, dass es einen einfach nur zu Tränen rührt.

Jule ist ein sehr verträgliches Mädchen, egal ob mit Hündinnen oder Rüden, großen oder kleinen Hunden. Sie spielt gern und fröhlich mit Artgenossen und zeigt in solchen Augenblicken, welches Potenzial in ihr steckt. Sie orientiert sich stark an einem vorhandenen Hundefreund und braucht ihn als Bindeglied zwischen sich und den Menschen, die sie (noch) nicht verstehen kann - alle ihre Annäherungsversuche laufen anfangs über einen anderen Hund.


Jule
Jule Jule

Auch wenn sie größere, verständnisvolle Kinder sehr gern mag, kommt eine Vermittlung in einen Haushalt mit kleinen Kindern oder Katzen für Jule nicht in Frage. Wenn sie eingewöhnt und mit ihren Menschen vertraut ist, läuft sie gut ohne Leine mit, sie bleibt immer in der Nähe und sucht den Kontakt zu ihren Menschen. Ein eigener eingezäunter Garten, in dem sie sich auf ihre fröhliche Art mit einem Hundefreund austoben kann, wäre aber schön für sie, da sie an der Leine oft noch ängstlich und 'verhuscht' reagiert.

Wir wissen, dass es den oder die passenden Menschen für Jule gibt und wir hoffen so sehr, dass wir ihn finden, damit sie endlich das Glück leben kann, das sie nach all der Angst verdient hat.

Jule Jule
Jule Jule
Jule hat den passenden Menschen gefunden.
Wir wünschen dieser liebenswerten Hündin, die so sehr in ihrer Angst gefangen ist, das Glück, das ihr so lange Zeit verwährt blieb.


Vermittelt im Oktober 2010



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