Sie war immer schon sehr still und lebte zurückgezogen in ihrem Gehege. Wenn man Kessys Vergangenheit kennt, wundert
einen das nicht. Sie hat ihr Leben in einer von Italiens Hundehöllen verbracht, einem Tierheim, in dem die Hunde
unter absolut unmenschlichen Bedingungen vor sich hin vegetieren mussten. Als das Canile im Jahr 2007 konfisziert wurde,
gehörte sie zu den überlebenden Fellnasen, die gerettet werden konnten.
Aber Kessy war zu sanftmütig und hat bei all dem Schrecken, den sie dort lange Jahre erleben musste, ihre Seele verloren.
Still und scheu verbringt sie ihre Tage im hintersten Eckchen ihres Geheges, selbst zum Fressen verkriecht sie sich, wenn
möglich. Jede Annäherung lässt sie völlig aggressionslos über sich ergehen. Man kann sie problemlos
auf den Arm nehmen und streicheln, aber sie wird bewegungslos dabei und wartet auf den Augenblick, in dem sie sich endlich wieder
verkriechen kann.
Seit ihr letzter Gehegegenosse Mercoledi ein Zuhause fand, baut sie nicht einmal mehr Kontakt zu anderen Hunden auf.
Gleichgültig schaut sie an ihnen vorbei. Es ist, als ob Kessy aufgegeben hat und vom Leben nichts mehr erwartet. Wenn
nichts passiert, wird sie einfach eingehen wie ein kleine Blume ohne Wasser. Und da sie relativ jung ist, kann das ein langes
Sterben werden. Das Einzige, was ihr noch helfen könnte, wären Menschen, die ihr mit viel Liebe und Ruhe zeigen,
dass es doch noch etwas gibt, für das es sich zu leben lohnt.
Aber es ist auch keine ganz leichte Aufgabe, Kessy bei sich aufzunehmen. Keiner weiß, wie weit sie ihre selbstgewählte
Isolation freiwillig wieder aufgeben kann. Vermutlich wird sie nie wie ein ganz normaler Hund werden, sondern immer einen Teil
ihres scheuen Verhaltens beibehalten. Sie braucht einen sehr ruhigen Haushalt, in dem der Tagesablauf möglichst
gleichmäßig verläuft, so dass sie sich an eine neue Routine gewöhnen kann und sie als nicht bedrohlich
empfindet. Und sie braucht liebevolle, gern ältere Menschen, die sie fördern, aber nie erwarten, dass sich Kessy auf
eine bestimmte Art entwickelt. Das alles ist viel verlangt, das wissen wir.
Kessy kann allerdings nicht in die Schweiz vermittelt werden, da sie keinen Schwanz besitzt. Ob das von Geburt an so war oder
ob er irgendwann coupiert wurde, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen.
Vielleicht gibt es ja doch irgendwo Menschen mit einem so riesengroßen Herzen, dass Kessy eine letzte ... nein eigentlich
ihre einzige Chance im Leben bekommt?
September 2010:
Lisa Seiler, das Frauchen von Mercoledi, möchte Kessy mit Geschenkpaketen zeigen, dass sie an sie denkt und
sie nicht vergessen ist. Danke Lisa!
Patengeschenk für Kessy und Karol im Juni 2010 von Birgit
Es muss wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag gleichzeitig gewesen sein für Kessy und ihre Mit-Heiminsassin Karol,
als sie im Juni das vermutlich erste Geschenkpaket ihres Lebens bekamen.
Die schüchterne Kessy hielt ein wenig Abstand von den menschlichen Überbringern, aber das zurechtgelegte Futter
verputzte sie mit Karol in Windeseile, nachdem die Luft wieder rein war.
Auch Kessy hatte endlich einmal Glück nach all den Jahren und konnte eine liebe Familie
für sich gewinnen.
Wir freuen uns sehr für das sanfte Hundemädchen!
Vermittelt am 9. Oktober 2010