Alessandra gehört zu den Hunden, die schon als Welpe in einer der italienischen Hundehöllen abgegeben wurden. Und
sie gehört zu den Hunden, deren Seele daran fast vergangen wäre. Das was wir heute noch von Alessandra erleben, ist
ein Schatten des Tieres, das sie sein könnte - und lässt uns nur erahnen, wie qualvoll all die Jahre in der Hundehölle
für sie gewesen sein müssen.
Die sanfte und unglaublich schüchterne Hündin kennt nur einen Sinn in ihrem Leben: Möglichst nicht gesehen und bemerkt
werden. Der einzige Ort, an dem sie sich sicher fühlt, ist ihre Hütte - und dann auch nur, solange niemand bewusst hinein
schaut. Sobald ein Mensch in ihre Nähe kommt, duckt sie sich und versucht, unter dem Erdboden zu verschwinden. Dann erwartet sie
mit zutiefst demütiger Haltung … ja was? Schläge? Tritte? Angebrüllt werden? Was immer es auch sein mag, es kann nur
schrecklich gewesen sein, was sie in den ersten Jahren ihres Lebens von Menschen bekommen hat.
Selbst Streicheleinheiten nimmt sie nur in gequälter Haltung hin, als ob sie ständig etwas Schlimmes danach erwarten würde.
Ihre Lebensfreude ist gleich Null, ihr einziges Interesse ist, sich zu verstecken. Aber sie flieht nicht vor dem Menschen, sondern ergibt
sich in ihr Schicksal und wartet devot auf das, was kommt. Sie ist bisher so gut wie nicht in der Lage, eine Beziehung zu einem Menschen
aufzubauen, die Angst hält sie gefangen.
Allerdings ist ihr Verhältnis zu Hunden auch kaum entspannter als das zu Menschen. Sie steht in der Rangordnung ganz am Ende, egal
mit welchen Hunden sie vergesellschaftet wird (das sind zur Zeit nur ältere und sehr freundliche) und lässt alles über
sich ergehen. Fressen tut sie erst nach allen anderen, fast heimlich. Auch in den Auslauf geht sie zuletzt und bewegt sich dort nur
frei, solange sie von den übrigen Hunden nicht beachtet wird. Obwohl alle anderen nah beieinander schlafen, hält Ale, wie die
Kleine genannt wird, immer ein wenig Abstand zu der restlichen Gruppe.
Trotzdem haben wir große Hoffnung, das Alessandra wieder zu einem normalen Leben zurück finden kann. Sie beobachet
mittlerweile interessiert ihre Umwelt und versucht, die Dinge an sich heran kommen zu lassen. Sie fängt langsam an, sich zu
öffnen und wenn jemand genug Zeit hätte, sich mit der Kleinen intensiv zu beschäftigen, würde sie sicherlich bald
Fortschritte machen. Die Umgebung, in der sie lebt, hält sie aber in ihrer Angst gefangen und solange sie sich in einem Tierheim
aufhalten muss, wird sie die Schrecken der Vergangenheit nicht hinter sich lassen können. Sie bräuchte dringend ein ruhiges,
liebevolles Zuhause mit möglichst wenig Veränderungen im täglichen Ablauf, um ihr wieder Sicherheit und Vertrauen zu geben.
Vermutlich wird sie nie ganz normal werden, wird nie so grundsätzlich vertrauensvoll sein können, wie ein unbeschwert
aufgewachsener Hund, wird sich nie an viele Menschen binden. Aber sie wird den einen (oder die wenigen) Menschen lieben, der sich
ihrer annimmt, der ihr seine Liebe schenkt und sie behutsam in die Arme nimmt. Den Menschen, der sie davor beschütz, den Rest ihres
Lebens in Angst verbringen zu müssen. In Alessandra steckt eine unglaubliche Menge an Sanftheit und Liebe. Sie hat es verdient,
dass jemand ihr dabei hilft, all dies wieder an sich selbst zu entdecken.
Ale braucht geduldige und einfühlsame Menschen, die ihr mit viel Zeit und Liebe helfen, ihre Würde und ihre Lebensliebe
zurück zu gewinnen. Und die sie die langen, elenden Jahre in Angst und Schrecken vergessen lassen. Solange sie diese Menschen
nicht gefunden hat, würden ihr auch Paten sehr helfen, die sie aus der Entfernung unterstützen: mit Trainerstunden, die ihr
bei ihrer Entwicklung helfen und mit Paketen, an denen sie erkennen kann, dass es jemanden gibt, der sie liebt.
Alessandra hat eine liebe Familie in der Schweiz gefunden und wurde zur Eidgenossin.
Alles Gute wünscht das gesamte adopTiere-Team!
Vermittelt im Oktober 2011