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16. August 2011

Calzetta

Eine arme Socke!

Calzetta Calzetta Calzetta
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Canalba, Juni 2011. Ein Morgen wie jeder andere: Karin kommt ins Canile, schließt auf, begrüßt die Hunde, die am Eingang warten, geht ins Büro, fährt den PC hoch und fängt ihre Arbeit an. Irgend etwas sagt ihr, dass sie erst mal die Gehege kontrollieren sollte, also geht sie die Reihen ab, schaut in alle Zwinger ... und tatsächlich: Im Außengehege von Cemengo und Pacifica liegt etwas zwischen all dem Spielzeug, das dort nicht hin gehört.

Bei näherer Begutachtung stellt sich heraus, dass es ein Sack ist - zerrissen - oder vielleicht eher zerbissen? Karin fängt an, das Gelände abzusuchen und schon bald findet sie, was sie erahnt hat: Irgendwo in einer Ecke kauert ein völlig verängstigtes Etwas von einem Hund, schmuddelig schwarz, komplett verfilzt und triefend vor Eiter. Irgend jemand muss das Tier in einem zugebundenen Plastiksack über den 2,5 m hohen Außenzaun des Caniles in Cemengos und Pacificas Gehege geworfen haben. Das Hundemädchen hatte unendlich viel Glück, dass sie nicht nur den Sturz aus dieser Höhe ohne größere Blessuren überlebt hatte, sondern auch, dass die beiden Hunde, auf die sie traf, gut sozialisiert sind und den unfreiwilligen Gast geduldet haben, nachdem er sich aus seinem Stoff-Gefängnis befreit hatte.

Der Zustand der Hündin war bei näherem Hinsehen einfach katastrophal. Abgemagert bis auf die Knochen, am ganzen Körper voller eiternder Wunden und Abszesse, verschüchtert und verängstigt, so saß sie schließlich im Büro. Ihre medizinische Versorgung war langwierig und sicherlich auch schmerzhaft für die Hündin. Die Wunden mussten von Dreck, Krusten und Eiter befreit werden, bevor man sie verarzten konnte, aber sie ließ alles klaglos und ergeben über sich ergehen und leckte nur ab und an die Hände ihrer 'Retter'. Es stellte sich heraus, dass die unendlich vielen Abszesse von Getreide-Grannen herrührten, die sich überall in die Haut gebohrt und sich fast flächendeckend entzündet hatten. Das musste schon eine Weile her sein, denn mittlerweile war der ganze Hund zu einem eitrigen Fellklumpen mutiert - sie muss furchtbar gelitten haben.

Calzetta Calzetta Calzetta
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Calzetta (arme Socke), wie die Hündin getauft wurde, zeigte eine rührende, unterwürfige Dankbarkeit, nachdem ihre Wunden versorgt waren. Sie hat einen ausgesprochen liebenswerten, sanften Charakter, hinter dem sich ein früher wohl lebenslustiges und fröhliches Hundemädchen verbirgt. Nachdem es ihr nun langsam besser geht, blitzt dieser kleine Kobold manchmal aus ihren Augen und sie zeigt Ansätze von einer Lebenslust, die man im ersten Augenblick nicht bei ihr erwarten würde. Was man dieser Hündin angetan hat, können wir nicht nachvollziehen, aber viel Gutes kann nicht dabei gewesen sein - ihre seelischen Wunden sprechen Bände. Allerdings hat sie nicht den Mut verloren, wieder auf Menschen zuzugehen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Deshalb haben wir große Hoffnung, dass sie eines Tages wieder der fröhliche Hund sein wird, der eigentlich in ihr steckt.

Mit den anderen Hunden im Canile versteht Calzetta sich bestens. Sie ist eher vorsichtig in der Annäherung und eckt deshalb bei ihren Artgenossen nicht an. Noch spielt sie nicht viel mit ihnen, aber da sie aufgrund ihrer verheilenden Wunden noch große Schmerzen haben muss, ist das nicht verwunderlich. Von Tag zu Tag ist sie aber interessierter an ihrer Umwelt und fängt so langsam an, sich wieder am Leben zu erfreuen.

Calzetta Calzetta Calzetta


Calzetta sucht ein verständnisvolles Zuhause, in dem sie viel Liebe und Verständnis entgegen gebracht bekommt, damit ihre körperlichen und seelischen Wunden heilen können. Ruhe und ein geregelter Ablauf werden ihr helfen, sich in ihrem neuen Leben nicht nur zurecht zu finden, sondern auch wieder Vertrauen in eine bessere Zukunft zu fassen. Mit Narben auf ihrer Seele muss man rechnen, denn wie weit sie ihre Vergangenheit wieder vergessen kann, ist noch nicht klar. Aber die Dankbarkeit, die sie schon heute zeigt, entschädigt einen für alles!
Calzetta ist am 6. September 2011 gestorben.
Nachdem sie mehrere epileptische Anfälle erlitten hatte, blieb uns keine andere Wahl als sie einzuschläfern.
Dabei hätten wir uns gerade für Calzetta so gefreut, wenn sie noch ein paar schöne Jahre hätte erleben dürfen.


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