Wann Marcus genau in das alte Canile gekommen war, weiß heute niemand mehr. Aber er ist lange Jahre dort gewesen,
vermutlich schon, seit er ein junger Hund war. Und genauso lange lebte er dort kurz angekettet, ohne sich jemals wirklich bewegen
zu können, ohne mit Artgenossen zu spielen, ohne Streicheleinheiten. Sein Leben bestand aus Dreck, Ratten, Hitze im Sommer,
nasser Kälte im Winter und Futterresten, die er ab und an vorgeworfen bekam.
Erst als das alte Canile wegen der dort herrschenden katastrophalen Verhältnisse im Jahr 2007 konfisziert wurde, fing
Marcus' Leben an, sich in besseren Bahnen zu bewegen. Mit allen anderen überlebenden Hunden durfte er im März 2009 in
ein neues Hundeheim ziehen und hat seitdem endlich ein Gehege, das er mit einer Hündin teilen darf und das ihm die
Möglichkeit bietet, sich frei zu bewegen und Sozialkontakte zu pflegen.
Schnell hat Marcus seine neuen Pfleger von seinem einwandfreien Charakter überzeugt. Obwohl alle dachten, dass er als
ausgewachsener Maremmanorüde nach den schrecklichen Jahren in der Hundehölle aggressiv und unnahbar sein müsste,
dauerte es nur zwei Tage, bis Marcus seinen neuen Pflegern aus der Hand fraß und sich wie ein Schneekönig freute, wenn
er gestreichelt wurde. Er liebt es, mit Menschen zusammen zu sein, mit ihnen nach draußen zu gehen und sich auszutoben.
Laufen ist nach all den Jahren an der kurzen Kette seine Leidenschaft und er strahlt glücklich über sein weißes
Eisbärengesicht, sobald er seine Beine bewegen darf. Besonders wenn jemand dabei ist, der diese Freude mit ihm teilt.
Der wunderhübsche, schneeweiße Rüde zeigte sich auch vom ersten Moment an wesentlich besser mit anderen Hunden
sozialisiert, als erwartet. Seit 2009 lebt Marcus mit einer schwierigen Hündin zusammen, die anfangs alles angegriffen hat,
was ihr zu nahe kam. Seine Ruhe und Ausgeglichenheit hat sich im Laufe der Monate auf sie übertragen und heute weiß
sie, wie man sich Zweibeinern gegenüber zu benehmen hat. Dank Marcus!
Ein Test mit ausgewachsenen Rüden verlief leider nicht ganz so glücklich. Die Hunde, mit denen wir es probierten,
wurden eher angeknurrt.
Aber die schrecklichen Jahre haben aber bei Marcus auch Spuren hinterlassen und er hat einige Handicaps aus seinem alten Leben
mitgebracht. Dass er nur mit Fischtrockenfutter gefüttert werden sollte, weil er gegen anderes Futter zeitweilig allergisch
reagiert, ist problemlos. Etwas mehr Sorgen macht seinen Pflegern eine chronische Augenentzündung, die im Tierheim trotz
guter Pflege nicht in den Griff zu bekommen ist und in seinen Augenwinkeln immer wieder Ausfluss verursacht.
Sein größtes Handicap ist aber eine uralte Fraktur des Ellenbogens, die vermutlich nie behandelt wurde und daher
schief zusammen gewachsen ist. Sein eines Vorderbein ist deshalb sichtbar krumm, was ihn allerdings nicht zu stören scheint
und auch nicht weiter beeinträchtigt. Er springt und hüpft trotz der Behinderung vor Glück über die Wiesen,
wenn er mal die Möglichkeit dazu hat. Und rennen kann er sowieso wie ein Jungspund. Tagsüber steht er meistens am
Gitter seines Geheges und wedelt jeden erwartungsvoll an, der sich ihm nähert - irgend einer wird sich doch hoffentlich
erweichen lassen und mit ihm rausgehen? Nichts macht ihn glücklicher!
Marcus hat nach allem, was er durchgemacht hat, einen wundervollen Charakter behalten. Er ist absolut unkompliziert für
HSH-erfahrene Menschen und ein Traumhund für eingefleischte Maremmanobesitzer. Er braucht nur den einen Menschen, dem er
seine Qualitäten auch beweisen kann!
Marcus hat eine Familie im angrenzenden Luxemburg gefunden und ist dort am 20. Februar 2011
eingetroffen.
Endlich kann auch dieser nette Eisbär die Aufmerksamkeit und Liebe erfahren, die ihm schon so lange
fehlt.