31. Mai 2011
Orecchietta
Es war noch relativ kalt und nass, als Orecchietta sich Ende Februar 2011 in dem kleinen Ort an der Adriaküste ansiedelte.
Woher die reinrassige Petit Bleu de Gascogne-Hündin kam, wusste niemand, keiner hatte sie bis dahin gesehen. Relativ
sicher war sie einige Zeit vorher von einem Jäger ausgesetzt worden - weit genug von Zuhause, um den Weg zurück
nicht zu wagen.
Ganz offensichtlich erwartete sie zu dem Zeitpunkt Nachwuchs und suchte eine geeignete Stelle, wo sie ihre Jungen zur Welt
bringen konnte. Kurz nach der Hündin, die von einer Anwohnerin auf den Namen Orecchietta getauft wurde, stellte sich
ein Rüde ein, blieb bei ihr und bat ebenfalls um Asyl. Auch Fido hat ausreichend Jagdhundgene und ist vermutlich der
Vater der drei Welpen, die schließlich am 13. März das Licht der Welt erblickten. Die kleine Familie lebt seitdem
frei im Territorium der Gemeinde. Eigentlich könnte es ihr sogar sehr gut dabei gehen, denn sie werden von der
Anwohnerin gefüttert und medizinisch versorgt, sind mittlerweile gechipt, geimpft und die Mama wird in Kürze kastriert.
Aber leider sind die übrigen Anwohner nicht alle begeistert von den Hunden und es werden zunehmend Stimmen laut, die sie
vergiften wollen. Deshalb suchen wir für Orecchietta baldmöglichst ein gutes Zuhause, bevor irgend jemand in ihrem
Umfeld auf die Idee kommt, Selbstjustiz zu verüben.
Die sanfte Hündin mit dem seelenvollen Blick hat einen eher ruhigen, zurückhaltenden Charakter. Sie mag es sehr, wenn
man sie streichelt und sich um sie kümmert. Dann wird sie schmusig und anlehnungsbedürftig und ganz leise, damit
man auch ja nicht auf die Idee kommt, wieder aufzuhören. Ihren Kindern ist sie eine ausgesprochen liebevolle und geduldige
Mutter, die sich sehr viel Mühe mit den kleinen Quälgeistern gibt. Wie so viele gute Mütter ist sie mittlerweile
aber körperlich ziemlich am Ende, die Welpen saugen sie regelrecht aus. Orecchietta müsste eigentlich dringend
jemanden haben, der jetzt an sie denkt und sie wieder aufpäppelt, besonders da die äußeren Bedingungen auch
nicht wirklich dazu geeignet sind, ihren Zustand zu verbessern.
Mit anderen Hunden versteht Orecchietta sich trotz der Welpenaufzucht gut. Im Gelände, in dem sie lebt, koexistiert sie
friedlich mit allen anderen freilebenden Artgenossen. Katzen ignoriert sie und zeigt kein Interesse an ihnen.
Allerdings ist sie ein Vollblutjagdhund und es ist nicht anzunehmen, dass gar kein Jagdtrieb bei ihr vorhanden ist. Wie aktiv sie
sein wird, wenn sie sich von der Welpenaufzucht erholt hat, ist nicht ganz sicher. Aber da sie einer ausgeprägten
Laufhundrasse angehört, wird sie eher viel Bewegung brauchen und weite Spaziergänge lieben.
Orecchietta ist eine tolle Hündin, die es verdient hat, zu leben und nicht getötet zu werden. Wo sind die
liebevollen Menschen mit Verständnis für ihre Vergangenheit, Jagdhunderfahrung und Spaß an viel Bewegung im
Freien, die diese Traumhündin vor dem Schicksal so vieler Hunde in Italien bewahren?
Orecchietta wird kastriert, sobald es die Welpen zulassen, vor der Ausreise komplett medizinisch versorgt und
auf Mittelmeerkrankheiten getestet.
8. Juli 2011
Orecchietta bleibt bei der Familie, die sie schon seit einiger Zeit im
Gelände betreut hat. Die Familie mag sich von der Hündin nicht mehr
trennen. Orecchietta wird weiter von ihnen versorgt und darf auf ihrem
Grundstück ihr Leben verbringen.