16. Oktober 2011
Punto
Der kleine, schüchterne Mann hat es leider nicht geschafft.
Gerade hatte er angefangen, sich Menschen gegenüber zu öffnen, hatte Vertrauen aufgebaut und lief hinter Patricia
her, wie ein kleines Kind. Er vertraute ihr schließlich wie ein Baby ... aber dann ging es ihm körperlich plötzlich
immer schlechter. Es war ein inoperabler Lebertumor, der an seinem Leben nagte. Noch bevor er ein warmes Plätzchen für
die letzte Zeit seines Lebens finden konnte, war seine Uhr abgelaufen.
Als die Tierärztin ihn einschläferte, lag er in Patricias Armen und wurde gestreichelt - mehr konnte sie nicht für
ihn tun. Er war eins ihrer liebsten Sorgenkinder und wird in ihrem Herzen immer ein spezielles Plätzchen reserviert behalten.
Vergessen werden wird er nie.
Punto starb am 30. September 2011
12. Oktober 2011
Dieser kleine Kerl muss ein entzückender Welpe gewesen sein, strubbelig, mutig verwegen, fröhlich und zu jedem
Schabernack aufgelegt. Ein typischer kleiner Terrier mit allen liebenswerten Eigenschaften, die diese Hunde mit sich bringen.
Heute ist Punto dagegen ein zutiefst verschüchterter kleiner Rüde, der sich nur sehr bedingt anfassen lässt. Er
zeigt deutliche Angst vor Händen und blickt sofort zu Boden, wenn man ihn anschaut. All das wundert einen nicht, wenn man
seine Geschichte kennt.
Punto war noch ein Welpe, als er in eine der berüchtigten italienischen Hundehöllen abgeschoben wurde. Er wurde - so klein
wie er war - an eine dicke Kette gelegt, die an der Achse eines Wohnwagens befestigt war. Der Wohnwagen diente den Mitarbeitern der
Hundehölle als Umkleidekabine, Menschen, die für das bisschen Geld, das sie bekamen, tagtäglich nichts Besseres zu tun
hatten, als ihren Frust an den unschuldigen Hunden auszulassen, die ihnen überantwortet waren. Und Punto war direkt unter ihren
Füßen angebunden, neben dem Ausgang des Wohnwagens. Ein Welpe, der sich gegen nichts wehren konnte.
Punto hat die Ketten nie wieder abgenommen bekommen, solange er in der Hundehölle lebte. Er war tagein, tagaus an den Wohnwagen
gekettet, ohne weiteren Schutz vor der Witterung, ohne ausreichend Fressen oder Wasser, ohne eigenes Bett, ohne jemals Zuwendung oder
Liebe kennenzulernen. Für ihn blieben nichts als die Fußtritte unterbezahlter und völlig überlasteter Leiharbeiter,
denen das Schicksal der Hunde völlig egal war. Er war ihrer Willkür direkter ausgesetzt als alle anderen Insassen des
Hundeknasts, denn sie kamen täglich mehrmals an ihm vorbei und konnten ihn für alles bestrafen, worüber sie sich bei
den anderen Hunden geärgert hatten. Puntos Seele verging unter dieser Qual wie eine Pflanze ohne Wasser.
Übrig blieb das traurige Häufchen Hund, das wir kennen, seit er in unser Tierheim überstellt wurde. Ein kleiner,
völlig verschüchterter Rüde, der jeder Berührung ausweicht, der seine Augen nie von den Händen der Menschen
lässt, die sich in seiner Nähe befinden, der nur das sanfteste Streicheln ertragen kann, ohne Angst zu bekommen. Trotz
viel Mühe der Pfleger bessert sich sein Zustand nur langsam. Einerseits, weil nie genug Zeit für Hunde wie Punto da ist,
andererseits weil der Stress, der jedem Canile mit 280 Hunden eigen ist, Punto in seiner traumatischen Vergangenheit festhält.
In einer Vergangenheit, in der er noch nicht einmal existierte, denn er taucht in keinem offiziellen Tierheim-Register auf, ist
in keiner Sanitätstabelle verzeichnet, wurde nie irgendwo schriftlich erwähnt. Eigentlich gibt es Punto gar nicht. Aber
trotzdem lebt er - ohne Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Bisher.
Wir möchten an Punto ein klein wenig von dem wieder gut machen, was die Menschen seiner Vergangenheit an ihm verbrochen haben.
Ob er jemals ein Zuhause finden wird, wissen wir nicht. Er bräuchte Menschen, die ihm nicht nur sehr viel Liebe entgegen
bringen, sondern die auch unendlich viel Geduld und Verständnis. Sie müssten ausreichend Erfahrung mit Angsthunden haben
und Terrier lieben, um ihm - wenn er anfängt, sich wieder seiner Art entsprechend zu verhalten - gerecht werden zu können.
Und sie sollten ein eigenes Haus mit Grundstück besitzen, denn Punto wird vermutlich noch längere Zeit nicht an der
Leine gehen können.
So lange, wie sich für Punto keine eigene Familie findet, würden wir uns freuen, wenn er Paten bekommen könnte, die
ihm zumindest auf die Entfernung zeigen, dass er von jemandem geliebt wird und dass es Menschen gibt, die an ihn denken. Menschen, die
ihm etwas Besonderes zukommen lassen, die ihn mit Leckerlis verwöhnen, die es sonst für Tierheimhde nicht gibt. Er wird
die Veränderung in seinem Leben bemerken, auch wenn sie noch so klein ist. Und mit Glück wird er dann anfangen, sich
etwas mehr zu öffnen und Vertrauen aufzubauen. Vielleicht ermöglichen wir ihm gemeinsam so den ersten Schritt in eine
bessere Zukunft.