Ein alter, verfallener Hof in Italien, fast malerisch an einen Berghang geschmiegt, überwuchert von Kletterpflanzen, still,
einsam und verlassen. Der Eingang, ein verwittertes, doppeltes Holztor, ist fest verschlossen. Hinter dieser Tür verstummte
das Bellen von Lady.
Niemand wusste, dass die einst so lebenslustige Hündin noch dort war. Wo früher Menschen voller Motivation den Boden
bearbeitet haben, wucherte jetzt kniehohes Unkraut und das Gemüse verdorrte ohne Wasser unter der heißen Sommersonne.
Hinter diesen Mauern wurde Lady vergessen, als die Menschen gingen, die sie betreut hatten. Als man sie endlich durch Zufall fand, war
sie in einem katastrophalen Zustand: komplett bedeckt mit kleinen schwarzen Zecken, so dass sie bei jeder Berührung vor Schmerzen
zusammenzuckte. Sie stand einfach da, mit halb geschlossenen Augen, komplett abgemagert, hungernd und durstend. Sie hatte schon vor
langer Zeit aufgehört, um Hilfe zu bellen und lag nur noch dort - sie hatte sich mit ihrem grausamen Schicksal abgefunden.
Was war geschehen? Der Besitzer des Grundstückes landete im Gefängnis und als sich die Probleme häuften, ließ sich
bald niemand mehr von den Leuten blicken, die dort gearbeitet hatten. Denn in den Ruinen des alten Bauernhofs, wo Lady gehalten wurde,
konnte schon lange niemand mehr wohnen, nur das Land war noch beackert worden. Und mit dem Land wurde auch Lady aufgegeben und geriet
in Vergessenheit.
Nachdem endlich bekannt wurde, dass hinter dem verschlossenen Tor ein Hund vergessen worden war, warfen Tierschützer zuerst
Fressen über die Mauer, um das Tier am Leben zu erhalten. Es dauerte lange, bis sie jemanden trafen, der ihnen einen Schlüssel
zur Verfügung stellte und das Füttern der Hündin erlaubte. Endlich bekam Lady nun auch wieder sauberes Wasser - bis zu
ihrer Entdeckung hatte sie aus einem Bottich eine faulige, stinkende Brühe trinken müssen, um ihren Durst zu stillen. Nach
langen, zähen Bitten und Verhandlungen, durften die Tierschützer Lady endlich mitnehmen und auf einer Pflegestelle in Italien
unterbringen, wo sie wieder aufgepäppelt wurde. Als nach Ladys Befreiung im Verlauf der medizinsichen Untersuchungen die Bluttests
gemacht wurden, grenzte es fast an ein Wunder, dass sie auf alle Mittelmeerkrankheiten negativ getestet wurde.
Lady bellt wieder
Ein fast noch größeres Wunder ist es, dass sich Lady - trotz der Torturen, die sie durchmachen musste - einen wundervollen
Charakter bewahrt hat. Sie ist eine äußerst liebenswerte und anhängliche, eher etwas schüchterne Hündin, die
ganz deutlich Familienanschluss sucht und auf eine stille, unaufdringliche Art dazu gehören möchte. Sie ist aufmerksam und
intelligent, lernt schnell und unternimmt für ihr Leben gern etwas mit ihren Menschen. Mit völliger Begeisterung fährt
sie heute Auto. Sobald sie ein offenes Fahrzeug sieht, steigt sie ein und schaut einen erwartungsvoll an: Geht es jetzt los?
Auch Wasser liebt Lady sehr und wenn sich ein Bottich findet, in den sie bei der Sommerhitze steigen kann, dann nutzt sie die
Gelegenheit für ein erfrischendes Bad. Auf ihrer Pflegestelle lebt sie freundlich mit anderen Hunden zusammen und versteht sich
auch mit diesen wortlos gut.
Ihr "Rudel" ist ihr sehr wichtig und obwohl sie ursprünglichen dafür angeschafft worden war, ist sie kein
Wächter. Sie begegnet auch Fremden durchwegs freundlich und unkompliziert. Nicht einmal beim Tierarzt gab es Probleme. Trotz
ihrer vernachlässigten Haltung war Lady vom ersten Tag an stubenrein und ließ sich an der Leine in ihre neue,
vorübergehende Heimat führen, als ob sie nie etwas anderes gemacht hatte, als angeleint spazieren zu gehen. Sie merkt sofort,
wer es gut mit ihr meint und dankt das mit einer unglaublich liebenswerten, sanften Zuwendung und ihrer schäferhundtypischen
Aufmerksamkeit.
Fast das Schönste ist aber: In der Pflegestelle hat die völlig verstummte Lady endlich wieder gelernt, zu bellen. Obwohl sie
das bis heute nur selten macht, freuen sich alle, wenn Ladys Stimme ertönt und sie ihrer neu gewonnenen Lebensfreude damit
Ausdruck verleiht.
Lady hat nun aber das Problem, dass sie nicht länger auf ihrer Pflegestelle bleiben kann und dringend ein eigenes Zuhause
braucht, in dem sie liebevoll für den Rest ihres Lebens für das entschädigt wird, was ihr in ihrer Jungend angetan
wurde. Sie hätte so gern eine Familie, die viel Zeit und Zuwendung für sie mitbringt und sie immer in ihrer Mitte sein
lässt. Ein voll integriertes Leben im Haus ist Bedingung für eine Adoption von Lady, allerdings würde sie sich
freuen, wenn sie einen Garten zur freien Verfügung hätte.
Lady ist ein echter Traum für Schäferhund-Liebhaber der stilleren Sorte und wird ihren Menschen viel Freude bereiten.
Aber sie braucht ihr neues Zuhause bald, weil ihr sonst das Tierheim droht, in das sie gebracht werden müsste, wenn sich
keine Lösung findet.
Vielleicht können Sie ihr das ersparen?
Lady hat rechtzeitig eine liebe Familie gefunden und lebt nun in Marl. Dort kann die freundliche Schäferhündin nun zur Ruhe
kommen.
Vermittelt im Februar 2012