Als Marte im September 2011 in unser Tierheim kam, hätte man genauso denken können. dass er gar nicht mehr lebte. Der
kleine Kerl war starr vor Angst und lag in den ersten zwei Monaten wie zu einem Eiszapfen gefroren ausschließlich in der Ecke
seines Geheges. Das Einzige, was daran erinnerte, dass er noch lebte, waren seine vor Furcht weit aufgerissenen Augen, die hektisch
jede Bewegung verfolgten, die ein Mensch in seiner Nähe machte. Was dem Hundebuben vor seiner Ankunft im Canile zugestoßen
war, werden wir nie erfahren, aber es kann nicht viel Gutes dabei gewesen sein.
Nun sind einige Monate vergangen, er hatte die Chance, zu begreifen, dass es auch nette Zweibeiner gibt - und Marte (der nach dem
Wochentag Martedi = Dienstag benannt wurde, an dem man ihn fand) hat die Gelegenheit am Schopf gepackt und sich seinen Pflegern
anvertraut. Heute erinnert nur noch wenig an das starre Fellknäuel, das bei uns eingeliefert wurde. Wenn jemand in seine
Nähe kommt, den er kennt, wird er zum Spitzensportler, hüpft wie ein Gummiball quietschend vor Freude auf und ab und
genießt die Aufmerksamkeit, die er dadurch bekommen kann. Er hat immer noch ein wenig Bedenken, sich anfassen zu lassen, aber
wenn er sich endlich traut, liebt er es, gestreichelt zu werden.
Eine Meisterschaft hat er aber darin entwickelt, blitzschnell von hinten zu kommen, einem mit einem winzigen, feuchten Küsschen
zu versorgen und dann ganz schnell wieder zu verschwinden, nur um mit lachendem und erwartungsvollem Gesichtchen in einiger Entfernung
auf die - hoffentlich liebevolle - Reaktion der Menschen zu warten, die er auf diese Weise geehrt hat. Er ist einfach nur
rührend anzusehen, in seinen Bemühungen um eine Annäherung an seine "verehrten" Menschen.
Ganz hat Marte seine Vergangenheit aber noch längst nicht vergessen, das merkt man schon. Es ist zum Beispiel noch nicht daran
zu denken, ihn an die Leine zu nehmen - sofort erstarrt er wieder zu dem Häufchen Unglück, das er mal gewesen ist. Seine
Furcht sitzt tief und wird noch lange Zeit brauchen, um endgültig zu vergehen. Aber er ist auf einem sehr guten Weg und bereit,
alles hinter sich zu lassen.
Mit anderen Hunden versteht Marte sich rundherum, er mag sie und spielt gern mit ihnen. Ob er jemals Erfahrung mit Katzen oder
Kindern sammeln konnte, wissen wir nicht, aber wir können uns Marte sehr gut in einer liebevollen Familie mit viel
Einfühlungsvermögen vorstellen, die ihm die Zeit lässt, sein Gestern zu vergessen und sich voll Freude auf das Morgen
zu stürzen. Wer es schafft, diesen liebenswerten, kleinen Clown endgültig aus seiner Reserve zu locken, wird einen
fröhlichen Spaßbringer in der Familie haben, den er nie mehr missen möchte.
Marte ist vom Veterinäramt mit dem Geburtsdatum 01.01.2010 eingetragen worden, aber wir sind sicher, dass er um einiges jünger
ist und erst im Herbst des Jahres 2010 geboren wurde. Vermutlich gehört zu seinen Ahnen auch ein Collie, obwohl er wesentlich
kleiner ist als andere Vertreter dieser Rasse.
Marte wird mutiger! - Bericht von der Pflegestelle
Marte macht sich wirklich toll. Heute war ich eine Stunde mit ihm auf dem Hof, damit er sich ein bisschen Autos, Nachbarn und
Spaziergänger aus sicherer Entfernung angucken kann, da ist er nach einiger Zeit mitten auf der Einfahrt auf die Seite gekippt
und eingeschlafen.
Genauso gestern im Garten, der linke Nachbar beim Rasen Mähen, rechter Nachbar beim Holz Hacken und Klein-Marte in der Mitte auf
der Seite im Tiefschlaf!
Heute Morgen hat er uns bis halb 11 schlafen lassen. Ich war zwar wach und hab ihn immer mal beobachtet, wie er kurz guckt, ob alle
da sind und sich gemütlich nochmal rumdreht, seufzt und weiterschläft.
Beim Spazierengehen ist er wirklich toll, es ist selten, dass er mal ein bisschen zieht. Er versteht schnell, was man von ihm
will, läuft auf den Wegen außer zum 'Schiettern', da verkrümelt er sich. Ein paar Meter lass ich die Schleppleine
schon mal los und übe Rückruf, das klappt schon ganz gut. 'Sitz' hat er gestern gelernt, innerhalb von 5 Minuten und kann es
heute auch noch!
Das mit der Stubenreinheit klappt allerdings noch nicht ganz. Ich weiß noch nicht so genau, ob er dann muss oder markieren will
oder unsicher ist. Die Unruhe lässt aber nach, er liegt schon viel auf seinem Platz und ich denke, auch das wird sich bald geben.
Gestern Abend wollten wir noch Fernsehen, da ist er ganz allein ins Schlafzimmer zu Ally gegangen und hat sich auf seinen Platz gelegt
zum Schlafen
Sonst ist er ein kleiner Schatz, wenn ich ihn rufe, kommt er wie ein Verrückter angeflogen und überfällt mich. Ich
glaube, man könnte mit ihm bestimmt im hobbymäßigen Rahmen Agility oder z.B. Dogdancing machen, so schnell, wie er
lernt.
Ach ja, und Marte liebt es, gebürstet zu werden. Er sieht danach zwar immer noch aus wie ein explodiertes Sofakissen, aber
das Bürsten selber findet er toll. Wenn ich mich auf den Boden setzte, stellt er die Pfötchen auf meine Schultern und
lässt sich unterm Bauch bürsten
Alles in allem ist er ein toller Hund, wirklich lieb, nett und clever. Nächste Woche fangen wir an, ein bisschen an seiner
Erziehung zu arbeiten und hoffen, dass sich bis dahin auch die "Pipi-Problematik" beruhigt hat.
30. Mai 2012
... und nochmal ein paar Neuigkeiten vom kleinen Mann:
Montag habe ich mich getraut, Marte zu duschen. Unser Verhältnis ist inzwischen sehr vertraut, so dass ich bestenfalls mit
kurzem Schmollen rechnete. - Duschen selber war zwar eher doof, aber nach der halbstündigen Wälzorgie im Garten kam er
fröhlich wieder zu mir und ließ sich dann auch noch (zähneknirschend) kämmen. Leider hab ich festgestellt, dass
das Bürsten nicht viel bringt, also eher oberflächlich bleibt. Mit dem Unterwollkamm von Ally kommen nämlich
plötzlich dicke Flocken aus ihm raus, das ziepst manchmal ein bisschen - findet Marte dann auch eher doof...
Dafür sieht er jetzt sooo schön aus und das Fell ist weich wie Seide, unglaublich!!
Gestern habe ich meinen Balkon dampfgestrahlt, da hat er erst die Flucht ergriffen, nach ein paar Minuten aber aus 2m Entfernung
genau beobachtet, was ich da treibe. Er ist sowieso schon viel cooler geworden, was ihm wirklich noch Angst macht sind Männer,
sehr laute Geräusche und große, laute Fahrzeuge (Trecker z.B.).
Bei uns auf dem Bauernhof wimmelt es ja immer von Kindern, Bobbycars etc. Die beobachtet er aus sicherer Entfernung, aber immer
recht interessiert, nicht ängstlich. Wir verkürzen seinen Sicherheitsabstand immer mehr...
Marte ist sehr, sehr wachsam, und schimpft auch schon mal wild rum, wenn er Leute in "seinem" Wald erspäht oder sich
beim Spazierengehen auf seiner Hausstrecke Hunde nähern. Daran müssen wir dringend arbeiten!
Liebe Grüße,
Inga und Marte
Marte hat seine Pflegestelle verlassen und ist zu seiner eigenen Familie nach Cremlingen gezogen.
Dort wurde er bereits von Zucchero, der auch aus Italien stammt und den Sie auch in unseren HappyEnds finden, erwartet.
Vermittelt im Juli 2012