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24. Januar 2013

Goccia

Ein Leben in Einsamkeit

Goccias Geschichte ist die eines kleinen Hundemädchens, das von seinen Menschen schon sehr jung achtlos weggeworfen wurde und sich mühsamst allein in einer gefährlichen Umwelt durchkämpfen musste. Ein Hundemädchen, dessen Leben von Isolation und Abgeschiedenheit geprägt war und das nun langsam den Weg in die Normalität sucht.

Goccia Als man sie fand, war sie schon eine lange Zeit auf sich allein gestellt gewesen und hatte gelernt, heimlich und im Verborgenen zu leben. Sowohl ihre Umwelt als auch die anderen freilebenden Hunde hatten eine Gefahr für die kleine, schutzlose Hündin bedeutet und sie hielt sich weit weg von allem - einsam lebte sie ein zurückgezogenes Leben. Menschen gegenüber war sie komplett verängstigt und mied ihre Gegenwart so sehr, dass sie nur sehr selten und in der Entfernung gesehen wurde.

Nachdem sie eines Tages Welpen bekommen hatte, nistete sie sich in einem verlassenen Haus ein. Dort wurde sie schließlich entdeckt. Es war nicht einfach, sie zu fangen, denn sie ließ sich von niemandem anfassen und wahrte einen großen Sicherheitsabstand zu allen Zweibeinern. Aber da sie ihre frisch geborenen Welpen nicht verlassen wollte, gelang es am 19. Januar 2011 schließlich, sie in dem Gebäude so weit in die Enge zu treiben, dass man sie greifen konnte. So zog sie mit ihrer kleinen Familie in einem Tierheim in Norditalien ein und wurde dort mitsamt den Welpen aufgepäppelt.

Goccia Die Kleinen wuchsen heran und konnten alle gut in Italien vermittelt werden. Anschließend wurde Goccia kastriert. Aber ansonsten kümmerte sich das Personal in dem Canile nicht weiter um Goccia und es wurde nichts unternommen, um die kleine Hündin aus ihrer Isolation herauszuholen. Den ganzen Tag verkroch sie sich wie eine kleine Schnecke in ihrer Hütte und ließ nichts von sich sehen. Heraus kam sie nur spät in der Nacht, wenn es ruhig war. Dann suchte sie vorsichtig ihr Futter zusammen und verschwand wieder wie ein lautloser Schatten, wenn sich ihr irgendetwas näherte.

Da sie unter diesen Umständen keinerlei Chance auf eine Vermittlung hatte, übernahm ein Tierschutzverein aus Brescia die kleine Maus nach drei Monaten und fing an, mit ihr zu arbeiten. Die engagierten Pfleger integrierten Goccia zuerst in ein Rudel mit kleinen Hunden, in dem sie lernte, die Angst vor Artgenossen zu verlieren. Nach einiger Zeit traute sie sich im Schutz der Gruppe sogar am Tag in den Freilauf - ein großer Durchbruch für das scheue Wesen.

In der ganzen ersten Zeit wurde Goccia nur aus der Hand gefüttert, um sie an Menschen zu gewöhnen und deren Anblick für die Hündin mit etwas Positivem zu verknüpfen. Erst verweigerte sie die Nahrung, aber schnell war der Hunger größer und leise vor sich hin murrend nahm sie es schließlich vorsichtig und schluckte es schnell herunter. Als nächstes wurde der Versuch gestartet, sie zu berühren: Es dauerte Wochen, bis sie das zuließ, ohne vor Angst zu erstarren. Heute lässt sie sich von allen Pflegern anfassen, die sie kennt und versucht nicht mehr sofort, zu entkommen, wenn sich jemand nähert.

Goccia Nach einigen Monaten intensiven Trainings hat sie sogar gelernt, an der Leine spazieren zu gehen. Anfangs war sie mit Geschirr und Würgehalsband gesichert, da sie es ansonsten schaffte, sich zu befreien und zu entwischen. Aber schließlich konnte man das Halsband weglassen und seit sie nur noch das Geschirr trägt, spaziert sie viel entspannter mit den Pflegern mit. Sie liebt es, draußen herumzuschnüffeln und erledigt ihr Geschäft anstandslos an der Leine. Am besten läuft sie allerdings bis heute noch, wenn man sie selbst den Weg bestimmen lässt, denn der Zwang, den sie spürt, wenn man Zug über die Leine ausübt, ist ihr nach wie vor gar nicht geheuer.

Fast den größten Schritt nach vorn gemacht hat das Hundemädchen, als sie sich vor Kurzem das erste Mal von einer Pflegerin auf den Arm nehmen und tragen ließ - bisher hatte sie das mit großer Panik beantwortet. Glücklich sieht sie dabei noch nicht aus, aber sie hält nun still und erträgt es mit allem Mut, den sie aufbringen kann.

Nun ist Goccia aber an einem Punkt angekommen, von dem aus sie in einem Tierheim nicht weiter kommen kann. Auch wenn die Pfleger sich dort noch so viel Mühe geben, es ist nie genug Zeit und Ruhe vorhanden, um solch einem Hund gerecht werden zu können. Deshalb benötigt Goccia nun ein Zuhause, in dem viel Ruhe und ein geregelter Tagesablauf ihr dabei helfen, auf dem Weg von der Isolation zu einem normalen Hundeleben weitergehen zu können.

Grundvoraussetzung sind dabei Menschen mit viel Liebe und noch mehr Geduld für das kleine Wesen, die ihr alle Zeit der Welt lassen, um sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden. Optimal wäre, wenn sie bereits Erfahrung mit Angsthunden mitbringen würden und wissen, wie sie Goccias Scheu am besten begegnen können. Und auch ein menschenliebender, nicht zu großer Zweithund könnte der Kleinen sehr helfen. Mit Kindern kann sie nichts anfangen, sie machen ihr mit ihrer Lautstärke und mit ihren vehementen Bewegungen Angst. Verständige, ruhige Jugendliche können aber durchaus mit ihr umgehen.

Wie weit die Kleine sich noch entwickelt und ob sie jemals ein ganz normales Hundeleben leben kann, ist heute noch nicht absehbar. Zu ihren wohl nicht allzu guten Erfahrungen mit Zweibeinern kommt ein ausgeprägtes Deprivationssyndrom, das sie daran hindert, sich schnell auf Menschen einzulassen. Aber mit viel Liebe und Geduld wird sie nach und nach immer normaler reagieren und hoffentlich irgendwann zu einigen wenigen Menschen und ihrem Zuhause ein wirkliches Vertrauen aufbauen können. Sie hat sich so tapfer durchs Leben geschlagen und ihren ganzen Mut zusammengenommen, um dahin zu kommen, wo sie heute ist. Nun hat sie es einfach verdient, dass wir sie auf ihrem Weg nicht genauso im Stich lassen, wie die Menschen, die sie weggeworfen haben, als sie noch klein war.


Goccia Goccia
Goccia Goccia

Goccia Goccia
Goccia Goccia

Goccia
Goccia
 
Rasse Pinscher-Mix
Geboren 1. Januar 2008
Größe ca. 35 cm
Kastriert Ja.
Krankheiten Keine bekannt. Gechipt, geimpft, negativ auf Herzwurm getestet, Leishmaniose kommt in der Gegend nicht vor.
Behinderungen Keine.
Verträglich mit Rüden, Hündinnen, großen, verständigen Kindern. Katzen vermutlich ja, aber nicht bekannt.


Goccia ist in Remscheid ansässig geworden.
Bei ihrer Familie kann sie nun in Ruhe die ganzen Schrecken ihrer Vergangenheit verarbeiten.


Vermittelt im März 2013

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