Sechs gestohlene Jahre
Ein Canile irgendwo bei Neapel. Außen hohe Mauern, innen Gehege an Gehege, überfüllt mit Hunden, die es vor
Stress kaum aushalten können, eng an eng gedrängt. Nie gibt es ausreichend Futter, kaum frisches Wasser, kein Schutz
vor der Witterung und den Beißattacken der Stärkeren. Dafür Dreck und Unrat wohin das Auge schaut, Mäuse und
Ratten in Heerscharen, Aggressionen unter den Hunden, Aggressionen von den Hilfskräften, Gekläff und Gewimmer,
überlaut ... verzweifelt. Und vor allem Angst, Angst, Angst. 800 Hunde vegetieren hier vor sich hin, ohne jede Hoffnung und
immer an der Grenze ihrer Existenz.
In dieser Umgebung hat Parsifal sein gesamtes Leben verbracht. Der bildhübsche, sanfte Hundejunge wurde mit acht Wochen in
der Hundehölle abgegeben und eigentlich war es sein Schicksal, nie wieder einen Schritt in die Freiheit zu setzen. Denn nur
ein Hund, der in solch einer Hundehölle drinnen bleibt und nicht viel kostet, bringt dem Besitzer Geld ein. Ein Hund, der
diesen Ort wieder verlässt, ist ein Verlustgeschäft.
Aber Parsifal hatte unendliches Glück - nach sechs langen Jahren, die er dort verbracht hat. Einige engagierte italienische
Tierschützer konnten durchsetzen, dass sie nach einem schwer erkämpften Besuch in dem Canile einige wenige der 800
trostlosen Tiere mitnehmen durften. Acht Fellnasen gelang so der Sprung in eine Zukunft, die sie nie hätten bekommen sollen.
Parsifal gehörte zu ihnen.
Als er den Tierschützern vorgeführt wurde, brachten ihn zwei Wärter an zwei langen Stangen mit Schlingen an den
Enden, die um Parsifals Hals gelegt waren. Sie führten ihn zwischen sich, als ob er ein Schwerverbrecher wäre. Dabei
konnte man Parsifal ansehen, dass er einfach nur komplett verängstigt war. Nie wäre er auf die Idee gekommen, sich
gegen irgendetwas zu wehren. Er war nur panisch vor Schrecken über die brutale Behandlung.
Trotz allem war der langfellige, blonde Hundejunge eine echte Augenweide. Sein Fell war zwar total verfilzt und sein verzottelter,
verdreckter Pelz stank zum Himmel. Trotzdem konnte man die Schönheit erkennen, die sich unter dem Häufchen Elend verbarg,
das gern ein glücklicher Hund gewesen wäre. So schnell wie möglich wurde er in eine Transportbox gesteckt und ins Auto
gebracht. Nur weg von diesem Ort, so schnell es ging.
Seitdem lebt Parsifal unter liebevollen Tierschützern in einem kleinen, gut geführten Tierheim in Norditalien und lernt
jeden Tag ein wenig mehr, was es bedeutet, ein Hund sein zu dürfen. Gut, er musste zuerst einmal eine Komplettrasur über
sich ergehen lassen, denn sein Fell war so verfilzt, dass man seine früher mal schönen Locken nicht retten konnte. Aber
er fühlte sich auch sichtlich wohler, als die Matte von seiner wunden Haut geschält wurde und endlich Luft an den
geschundenen Körper kam. Und das Fell wird nachwachsen, diesmal gepflegt und in seiner vollen Pracht.
Allerdings muss Parsifal nun wirklich fast alles neu lernen. Er kennt nichts außer Gitterstäbe und Beton. Und die neue
Freiheit, die ihn umgibt, konnte er anfangs weder begreifen noch genießen. Was für ein Gefühl muss es sein, wenn
man zum ersten Mal in seinem Leben Gras unter den Füßen fühlt, obwohl da doch eigentlich nur Beton hingehört?
Wieviel Angst muss ein großer, weiter Freilauf machen, wenn man bis dahin nur einen winzigen Zwinger zur Verfügung hatte,
der einen kaum vier Schritte nach rechts oder links machen lässt? Was empfindet man, wenn sich Hände streichelnd
nähern, die bis dahin nur brutal zugegriffen haben? Wie erfährt man Freiheit, wenn man bis dahin nicht einmal wusste,
dass es so etwas gibt?
Parsifal ist immer noch komplett überfordert von all den neuen Eindrücken, die auf ihn einprasseln. Aber er ist tapfer und
tastet sich vorsichtig an alles heran, was er irgendwann einmal genießen wird. Es wirkt, als könne er noch immer nicht
glauben, dass das alles zu seinem Vorteil sein soll ... aber man merkt, dass er soooo gern daran glauben möchte. Langsam aber
sicher fängt er an, Vertrauen zu seinen Pflegern zu fassen. Streicheln versetzt ihn anfangs immer noch ein klein wenig in
Angst, aber dann bleibt er gaaaaaanz still sitzen und genießt die sanften Berührungen sichtlich.
Er hat gelernt, dass es nicht weh tut, wenn er ein Halsband umgelegt bekommt, dass Bürsten auf seinem Körper angenehm
sind, dass Gras herrlich riecht und man sich prima darin wälzen kann. Er fängt immer häufiger an, neugierig über
seine Mauern hinweg zu schauen um noch mehr von all den aufregenden Sachen in sich aufzusaugen, die er nun entdecken darf. Aber wenn
er das Canile für einen Spaziergang verlassen soll, dann wirft Parsifal sich noch vor Angst auf den Boden und bewegt sich
keinen Millimeter mehr, starr vor Angst. Zum ersten Mal fühlt er sich an einem Ort sicher und geborgen und diesen Ort will er
so schnell nicht mehr verlassen. Dass das wahre Glück vor den Mauern des Caniles liegt, in denen er jetzt lebt, werden ihm
seine Pfleger im Laufe der nächsten Zeit ganz langsam und vorsichtig beibringen.
Auch wenn Parsifals einiges an Weg vor sich hat, möchten wir ihm die Möglichkeit geben, jetzt schon Menschen mit seinem
liebenswerten, sanften Charakter zu verzaubern. Denn eigentlich braucht der Hundbub nichts anderes, als eine einfühlsame,
liebevolle Familie, die ihm ganz langsam den Weg in ein normales Leben ebnet und Schritt für Schritt gemeinsam mit ihm in die
Freiheit marschiert.
Parsifal liebt Menschen, auch wenn er ihnen immer noch ein wenig schüchtern begegnet. Aber er sucht mittlerweile deutlich
ihre Nähe, kommt mit aufgestellten Ohren und fragenden Augen auf sie zu und animiert sie leise, sich mit ihm zu beschäftigen.
Er hat vor Fremden nicht mehr Angst als vor seinen Pflegern und zeigt immer ein ausgesprochen soziales Verhalten, egal ob bei Menschen
oder Hunden.
Mit seinen Artgenossen hat er überhaupt keine Probleme. Er begegnet fremden Vierbeinern vorsichtig aber aufgeschlossen und taut
sofort auf, sobald sein Gegenüber sich freundlich zeigt. Dann kann er sogar ausgelassen mit ihnen spielen und sich richtig freuen.
In Parsifal wartet ein liebevoller, sanfter, fröhlicher und aktiver Hundebub auf Menschen, die ihm helfen, er selbst zu werden.
In einer ruhigeren Umgebung als dem Tierheim hätte er viel eher die Möglichkeit, Vertrauen zu fassen und die Schatten der
Vergangenheit abzuschütteln. Ein eigenes Haus mit Grundstück wäre für ihn optimal, da er sich bisher schwer
tut, die Leine zu akzeptieren. Auch das wird er lernen, aber fürs Erste wäre er dankbar für ein eingezäuntes
Grundstück, dass ihm ermöglicht, frei zu laufen und all das zu erkunden, was er noch nie gesehen und erfahren hat:
verschiedenste Pflanzen, weiche Erde, flatternde Schmetterlinge, bunte Blumen, lauen Wind um die Nase und die herrlichsten
Gerüche, die ihm bisher verborgen geblieben sind.
Wenn Sie ihn mögen wie wir, dann trauen Sie sich ruhig zu, Liebe und Zeit in Parsifal zu investieren. Das Ergebnis wird ein
bildschöner und rundherum liebenswerter Freund fürs Leben sein, der mit viel Dankbarkeit alles zurückgeben wird,
was man ihm entgegen gebracht hat. Wagen Sie es, Parsifal wird Ihnen dabei helfen.
Fortschritte
Gestern ist Parsifal vom Tierarzt gründlich untersucht worden. Seine Zähne wurden behandelt und einer gezogen, weil die
Wurzel entzündet war. Die Ohren mussten gereinigt werden (anscheinend hat er früher öfter Ohrentzündungen gehabt,
die nicht behandelt wurden) und kastriert wurde er auch gleich noch. Ansonsten ist gesundheitlich alles in Ordnung bei ihm.
Und auch ansonsten macht Parsifal große Fortschritte. Er wird jetzt an die Leine gewöhnt und läuft von Tag zu Tag
besser daran. Ein wenig Geduld braucht man zwar noch dafür, aber es wird nicht mehr lange dauern und Parsifal wird gelassen neben
seinen Menschen hergehen können

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7. November 2012
Neues von Parsifal
Von Tag zu Tag wächst Parsifals Freude am Leben und er hat sich mittlerweile toll entwickelt. Seine Angst vor vertrauten
Menschen ist völlig verflogen und er lernt immer mehr, wie schön es ist, eine enge Bindung aufzubauen. Fremden begegnet
er anfangs zwar noch ein wenig zurückhaltend, aber das gibt sich jetzt schnell.
Mittlerweile genießt er es, all die neuen Dinge in sich aufzusaugen, die ihm draußen begegnen. Er ist noch nicht bei
allem angstfrei, aber seine Neugierde siegt täglich mehr über die Vorsicht und er schaut mit wachem, glücklichem Blick
in die Umgebung.
Parsifal ist nun bereit, in eine eigene Familie zu ziehen. Zwar braucht er nach wie vor Menschen, die Rücksicht auf seine
Geschichte nehmen und ihm weiter dabei helfen, seinen Weg in ein normales Leben zu gehen. Aber eine sichere, liebevolle Umgebung
würde ihm auch sehr helfen, weiterhin so große Fortschritte zu machen.
Übrigens ist es sehr wahrscheinlich, dass vor allem Hütehunde zu seinen Ahnen gehörten (vielleicht sogar ein Briard?).
Das sanfte, menschenbezogene Wesen dieser Hunde trägt er auf alle Fälle in sich.
25. Januar 2013
Parsifal |
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Rasse | Mix |
Geboren | 2006 |
Größe | ca. 55 cm |
Kastriert | Ja |
Krankheiten | Keine bekannt. Gechipt, geimpft, bei Ausreise auf Mittelmeerkrankheiten getestet. |
Behinderungen | Keine |
Verträglich mit | Rüden, Hündinnen, Kindern, Katzen nicht bekannt. |
Parsifal ist zum Eidgenossen geworden. Bei seiner Familie hat er nun Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen und zu lernen, wie schön
ein Hundeleben sein kann.
Vermittelt im Februar 2013