Eine zweite Chance auf Leben
Es war Ende Juni und wie immer um diese Jahreszeit brüllend heiß in Mittelitalien. Schon lange war der junge
Jagdhundrüde durch die Gegend gelaufen, hatte immer wieder in seiner freundlichen Art Menschen angebettelt, ihm etwas zu essen
zu geben und war mit mehr oder weniger Erfolg traurig und hungrig weiter gezogen. Klapperdürr war der arme Kerl schon, als er
von der anderen Straßenseite her plötzlich einen tollen Duft in seine Nase bekam - Futter! Ohne auf den Verkehr zu achten,
mit dem er ansonsten gut umzugehen gelernt hatte, wechselte er die Straßenseite - und übersah dabei den Roller, der seinen
Weg kreuzte. Es krachte, er fühlte sich weit durch die Luft fliegen ... und dann war es dunkel um ihn.
Als er aufwachte lag er in einer metallenen kleinen Gitterbox auf einer Decke. Er konnte sich nicht erinnern, was in der Zwischenzeit
passiert war. Um ihn herum standen Menschen in weißen und grünen Kitteln und sahen ihn mitleidig an. Er freute sich über
sie und wollte sie begrüßen. Aber als er versuchte, aufzustehen, ging das nicht. Er versuchte wieder und wieder, sich mit
den Vorderpfoten hochzuziehen, aber sein Hinterkörper wollte ihm einfach nicht mehr gehorchen. Schließlich wurde ihm die
brutaler Wahrheit bewusst: Er war von der Mitte seines Körpers an gelähmt!
So begann für uns Scooters Geschichte. Wir lernten ihn in der Universitäts-Tierklinik von Teramo kennen, ein mageres
Häufchen Elend, dass sich trotz seiner massiven Behinderung nicht nehmen lassen wollte, immer mit guter Laune darauf zu
reagieren, wenn sich ihm Menschen näherten. Sein Hinterleib war durch einen Unfall mit dem Motorroller komplett gelähmt und
sein Leben stand auf Messers Schneide. Aber Scooter hat einen so liebenswerten Charakter, dass niemand es über das Herz brachte,
den immer freundlichen Kerl einfach einzuschläfern.
Nach fünf Tagen nahmen sich die Experten der Uniklinik ein Herz und unter der Leitung eines Neurochirurgen wurde Scooter operiert.
Obwohl er herrenlos war und niemand für seine OP aufkommen würde, wollte ihn keiner der dortigen Mitarbeiter einfach sterben
lassen. Zwei seiner Rückenwirbel wurden mit Schrauben fixiert und gegeneinander versteift. Das bis dahin eingeklemmte
Rückenmark konnte so befreit werden und Scooter erhielt seine zweite Chance ein Leben.
Und er nutzte diese Chance! Erst sehr mühsam, aber von Tag zu Tag besser lernte er wieder laufen. Und da er Menschen so liebt,
brauchte man nur rückwärts von ihm weg zu gehen und ihn zu locken: Was auch immer an Bewegung in ihm möglich war,
mobilisierte er, um hinterher zu kommen. Es dauerte Wochen, bis er sich halbwegs von dem Unfall erholt hatte, aber im August war es
so weit: Scooter galt als austherapiert.
Die ganzen langen Wochen hatte er in einem winzigen Käfig in der Uniklinik ausgeharrt und trotz der Enge nie seine gute Laune
verloren. Er hatte ein wenig zugenommen, war aber immer noch sehr mager. Trotzdem hätte das Schicksal jetzt fast ein weiteres Mal
gegen ihn ausgeholt: Da es keinen Besitzer gab, sollte er wieder auf die Straße zurückgesetzt werden. Kein Tierheim der
Region Abruzzen hätte ihn aufgenommen. In letzter Sekunde schloss die Gemeinde, zu der er gehört, aber einen Vertrag mit
Monte und so konnten wir Scooter legal ins Tierheim holen, um ihn dort weiter zu versorgen.
Der liebenswerte Hundebub dankt es jeden Tag aufs Neue. Mittlerweile hat er sich prächtig heraus gemacht. Der Sunnyboy wurde kurz
nach seiner Ankunft geschoren, damit sein Fell die Möglichkeit hat, gleichmäßig wieder nachzuwachsen (und weil er nach
all der Zeit auf der Straße bös verwahrlost war). Futter gab es nun so viel wie er wollte und Streicheleinheiten so oft
jemand eine Hand frei hatte. Nach wie vor nimmt Scooter nur langsam zu. Aber er hat so viel Freude daran, sich wieder
"richtig" bewegen zu können, dass er den ganzen Tag zusammen mit den Pflegern durchs Canile flitzt und die anderen
Hunde bespaßt.
Ok, ganz sauber ist sein Bewegungsablauf nicht mehr. Und vermutlich wird er auch nie wieder ganz gerade laufen können. Aber das
tut seiner Geschwindigkeit und seinem Aktionismus keinen Abbruch. Er spielt für sein Leben gern mit anderen Hunden und
verträgt sich mit jedem. Nur wenn ein anderer Rüde seine Lieblingshündin anbaggert, macht er freundlich aber
nachdrücklich klar, dass er bei der Sache auch noch ein Wörtchen mitzureden hat.
Noch lieber rennt er aber hinter den Pflegern her und genießt ihre Nähe. Am liebsten hätte er seine Menschen für
sich ganz allein. Wenn man sich um einen anderen Hund kümmert, kommt Scooters Nase binnen Sekunden und schiebt sich dazwischen. Er
wird dabei nicht böse, er macht nur deutlich klar, dass da jetzt gerade jemand zu weit gegangen ist und er wieder an der Reihe
sein möchte. Man muss ihn dann auf seinen Platz verweisen und das nimmt er auch nicht übel. Es ändert aber nichts an
der Tatsache, dass er schnellstmöglich wieder versucht, die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken
Scooter ist ein Hund, der seinen Menschen unglaublich viel Freude macht. Er braucht zwar Regeln und einen klaren Rahmen, damit er sich
in seinem Überschwang nicht manchmal doch zu viel herausnimmt, aber er liebt seine Zweibeiner abgöttisch und ist zu allem
bereit, so lange er nur gemocht wird.
Am schönsten wäre es, wenn er ein Zuhause finden könnte, in dem er die Aufmerksamkeit nicht mit anderen Hunden oder
vielleicht nur mit einer Hündin teilen muss. Kleinere Kinder sind in seinem Umfeld eher nicht geeignet, weil er versuchen
würde, ihnen den Rang abzulaufen. Durchsetzungsfähige Jugendliche werden an seiner lebhaften und fröhlichen Art aber
sehr viel Freude haben. Ein eigenes Haus mit Garten wäre für Scooter ideal, Treppensteigen sollte er lebenslang nur in
Maßen. Neben genügend Beschäftigung ist Scooter aber vor allem eins wichtig: Menschen, die ihn genauso lieben, wie er
sie anbetet!
Eins muss seiner neuen Familie aber klar sein: Scooter ist ein Hund mit einer Behinderung, die für andere Hunde das AUS
bedeutet hätte. Ganz gesund wird er nie werden, damit werden Sie leben müssen. Aber das, was er dafür zurück gibt,
ist auch immens!
Scooter |
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Rasse | Korthals Griffon (?) |
Geboren | 2009 |
Größe | ca. 55 cm |
Kastriert | Ja |
Krankheiten | Keine bekannt. Gechipt, geimpft, bei Ausreise auf Mittelmeerkrankheiten getestet. |
Behinderungen | Teilweise versteiftes Rückgrat. |
Verträglich mit | Rüden, Hündinnen, Kindern, Katzen nicht bekannt. |
Scooter ist zuerst in Italien in eine Pflegestelle umgezogen und dort war schnell klar: der liebenswerte Hundemann darf bleiben!
Und schwupps, war der Sofaplatz vergeben :-).
Vermittelt im Juni 2013