1000 ungeweinte Tränen (Teil 1)
Stellen Sie sich vor, Sie werden als kleines Kind am Hals mit einem Strick festgebunden und können sich fortan nicht
mehr frei bewegen. Stellen Sie sich vor, dass Sie in dem kleinen Radius, der ihnen bleibt, der Willkür von Lebewesen
ausgeliefert sind, die dreimal so groß sind wie Sie und die für Sie nichts als Tritte und Anbrüllen übrig
haben. Oder stellen Sie sich vor, dass Sie in einem winzigen Gehege vor sich hin vegetieren, auf dessen Boden sich ihre
eigenen Exkremente knöcheltief häufen, in dem die Ratten sich eher zuhause fühlen als sie, in dem es keine
Hütte zum Schutz, kein Dach zwischen sich selbst und der gleißenden Sonne im Sommer bzw. dem eiskalten Regen im
Winter gibt. - Wenn Sie sich all das vorstellen, dann wissen Sie, wie man sich fühlt, wenn der eigene 'Besitzer' einen
schon als junger Hund in eine Institution abgeschoben hat, gegen die ein KZ fast ein Sonntagsspaziergang ist: in eine der
italienischen Hundehöllen. Und dann haben Sie in ungefähr erfasst, wie der Anfang von Shilas Leben ausgesehen hat.
Eine Chance auf ein hundegerechtes Leben hat Shila nie bekommen. Sie fand sich in einem der italienischen Hundeknäste
wieder, bevor sie alt genug war, zu begreifen, dass Angst und Schrecken zu ihrem dauernden Begleiter werden sollten. Lebenslang.
Der Bruder, den sie an ihrer Seite hatte, konnte sie kaum vor der Willkür der Pfleger beschützen - genauso wenig wie
sich selbst. Die nächsten Jahre sollten die Hölle für beide werden. Dreck, Gestank, Ungeziefer, mangelndes Futter
und Wasser, kein Schutz vor der Witterung, keinerlei medizinische Versorgung - dafür aber Menschen, denen Hunde nicht nur
egal waren, sondern die an ihnen ihren persönlichen Frust ausließen ... Was in Shila noch an Hoffnung auf eine
Zukunft übrig gewesen sein mag, erstarb in diesen Jahren vollends. Sie wurde zu einem Schatten ihrer selbst, still,
möglichst unauffällig, immer devot, immer voller Angst vor den Menschen, deren Brutalität sie ausgeliefert war.
Ihr einziger Trost in all den Jahren war Milo, der der Jahre ältere Bruder, der ihre Hölle teilte.
Das Schicksal der beiden änderte sich unvorhergesehen, als das 'Tierheim', in dem sie saßen, im Jahr 2007 von den
Behörden konfisziert und die Hunde an Tierschützer übergeben wurden, die diese Bezeichnung verdienen. Aber
es sollte noch mehr als zwei Jahre dauern, bis ein neues Canile gebaut war und die beiden "Unsichtbaren" dorthin
überführt werden konnten. Seitdem bemühen sich die dortigen Pfleger, Shila und Milo aus dem Gefängnis der
Angst zu befreien, in dem sie leben. Und ihnen zu zeigen, dass nicht alle Menschen schlecht sind und dass das Leben auch
schöne Seiten haben kann. Nur langsam begreifen die beiden Hunde, dass Furcht nicht mehr ihr ständiger
Begleiter sein muss.
Es dauerte mehr als einen Monat, bis ihre Pflegerin sie das erste Mal sehen konnte, bis die beiden nicht mehr tagein, tagaus
voller Panik in der hintersten Ecke ihrer Hütten kauerten und sich unsichtbar machten. Es dauerte noch viel länger,
bis die beiden in ihrem Frust und um den inneren Stress abzubauen, nicht mehr alles anknabberten, was sich in ihrer
Nähe befand. Und erst in diesem Sommer entdeckten sie, dass sie auch Spaß haben können, z.B. wenn sie im
Schwimmbecken baden gehen. Mit viel Geduld und noch mehr Leckereien gelang es Patricia nach und nach, Schwester und Bruder
anzufassen und vorsichtig zu streicheln. Sie hat in dieser Zeit viel geweint aus Mitleid um diese beiden verlorenen
Hundeseelen - und eigentlich war das nur ein Ausdruck für all die ungeweinten Tränen, die die Tiere selbst nicht
hatten verlieren können.
Shila und Milo machen nur langsam Fortschritte. Ein Tierheim ist nicht der richtige Ort, um Hunde aus einem Trauma zu
befreien, in dem sie lebenslang gelebt haben. Beide sind immer völlig aggressionslos und tendieren ausschließlich
zur Flucht vor den Menschen, die ihnen solche Angst machen. Sogar oben ist ihr Gehege daher geschlossen. Aber man kann sie
mittlerweile anfassen und mit Geduld wächst sogar ein winziges Pflänzchen aus Vertrauen in ihnen, wenn sie jemanden
erst mal kennen. Irgendwann werden die beiden ganz große Schmuser sein - und unendlich dankbar für die Mühe,
die sich Menschen mit ihnen gegeben haben. Aber das wissen sie heute noch nicht.
Mit anderen Hunden sind übrigens beide zurückhaltend, aber ansonsten problemlos und sozialisiert. Katzen und Kinder
sind ihnen noch nie begegnet.
Ob Shila und Milo jemals eine Chance auf ein Zuhause haben werden - ein Zuhause, in dem sie zum ersten Mal in ihrem Leben
begreifen dürfen, was es heißt, geliebt und beschützt zu werden - wissen wir nicht. Aber wir würden
ihnen gern helfen, ihre Chancen und vor allem ihre Lebensqualität zu verbessern. Mit Unterstützung von Paten
könnten wir ihnen Trainerstunden finanzieren, in denen sie lernen, Vertrauen aufzubauen und der Normalität ein
wenig näher zu kommen.
Vielleicht hat die Geschichte von unseren beiden sanftmütigen "Unsichtbaren" Sie ja auch so berührt wie uns
und Sie möchten Ihnen helfen. Dann melden sie sich bitte. Denn wir brauchen Ihre Hilfe, um wiederum Shila und Milo
helfen zu können. Es muss nicht viel sein, was Sie für sie übrig haben. Viele Tropfen füllen ein Meer - und
das soll für Shila und Milo zukünftig nicht mehr aus Tränen bestehen.
Oktober 2011:
Maruska Bertolini ermöglicht Shila und Milo einige Stunden mit einem professionellen Hundetrainer, was den Hunden
so sehr hilft.
Babette Hintze möchte mit Paketüberraschungen Shila den Zugang zu uns Menschen etwas erleichtern.
Dezember 2011:
Auch Judika Müller möchte Shila künftig durch Pakete ein paar gute Erfahrungen mit uns Menschen machen lassen.
Dafür ganz herzlichen Dank!
November 2012:
Eine neue Freundin für Shila und Milo: Rosa Hoffmann ist künftig Paketpatin für die beiden.
Shila bedankt sich auf Hundeart!
Januar 2013:
Weitere liebe Patinnen, die Shila unterstützen, sind: Esther Fausten und Roswitha Müller.
Auch ihnen vielen herzlichen Dank!
Dezember 2011: Patenpakete für Shila und Milo
Patenpakete für Shila und Milo von Babette Hintze und Esther Stadler
Für uns mag es nur ein gewöhnlicher Freitag im Dezember gewesen sein. Für Shila und Milo aber war es ein ganz
besonderer Tag. Ein Festtag. Ein Tag, an dem das endlose Einerlei des Tierheimdaseins unterbrochen wurde. Ein Tag mit Leckereien,
Spannung, Spiel und Freude. Ein Tag, an dem beide je ein Patenpaket bekamen.
Eigentlich hatten wir vor, die beiden Geschwister zum Auspacken zu trennen, damit wirklich jeder sein eigenes Paket auspacken dürfte.
Aber schnell stellten wir dabei fest, dass besonders Milo in totale Panik verfiel, sobald sich Shila außer Sichtweite befand.
Er fing an, gleich einem Stabhochspringer an den Gittern entlang hoch zu springen. Damit er sich bei dieser Aktion nicht noch verletzte,
haben wir uns dazu entschlossen, die beiden Pakete auch von beiden Hunden miteinander auspacken zu lassen.
Um aber dabei doch Abwechslung für die Geschwister zu schaffen, haben wir sie mit den duftenden Leckereien, die sich in den
Paketen befanden, ins Freie in den Auslauf gelockt. Obwohl sie ihr Gehege normalerweise aus Angst nicht verlassen, sondern sich
immer im Inneren verstecken, waren die Kauknochen und das getrocknete Fleisch so verlockend, dass sie sich schließlich
nach draußen wagten. Was für ein Erfolg!
Sie ließen sich die wohlriechenden Sachen sichtlich schmecken und probierten alles nacheinander aus. Die großen
Favoriten waren gefüllte Knabberrollen und Fleischstücke in Gelee.
Als wir die beiden schließlich verließen, waren sie immer noch genüsslich am Kauen und haben
sich immer wieder neugierig im Freilauf umgeschaut.
Einen Teil der Pakete haben wir wieder mitgenommen, um den Hunden auch die nächste Zeit immer wieder ein mal ein
kleineres Highlight gönnen zu können.
Vielen herzlichen Dank an die beiden Spenderinnen, die Shila und Milo diesen wundervollen Vormittag mit ihren so
liebevoll gepackten Paketen ermöglicht haben!
Geschenktüte von Frau Steger zu Weihnachten 2011
Shila hat Weihnachten ein Geschenk bekommen, eine liebevoll gepackte Tüte von Frau Steger und ihren fleißigen
Helferlein. Shila war ebenso wie ihr Sohn Milo anfangs etwas scheu und konnte sich nur halbherzig freuen, solange wir in der
Nähe waren. Die Angst vor uns unbekannten Zweibeinern überwog.
Aber nachdem wir anfangs ein wenig Schützenhilfe gegeben hatten und die beiden immer neugieriger auf die guten Sachen
geworden waren, konnten wir uns in den Hintergrund verziehen und der Hundefamilie die Leckereien überlassen

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30. Juni 2012
Ein Personal Trainer für Shila
Seit Kurzem hat auch Shila das Glück, eigene Trainerstunden zu bekommen. Dabei hat sich allerdings schnell gezeigt, dass eine
längere Zeit in der direkten Nähe eines Menschen sie noch überfordert. So darf sie jetzt täglich 15 Minuten bei
ihrem Lehrer Dennis die Schulbank drücken – und das funktioniert hervorragend!
Im Moment versucht Dennis vor allem, Shilas Vertrauen zu gewinnen. Erziehung ist vorerst nur ein Nebenprodukt des Trainings. Es geht
aber von Tag zu Tag besser und schon nach drei Trainingsstunden war Shila wesentlich entspannter, als in all den Jahren vorher. Noch
entfernen sich die beiden kaum von Shilas Gehege, damit sie nicht zu sehr verunsichert wird, weil sie Milo nicht mehr sehen kann. Aber
auch das wird jeden Tag ein klein wenig besser.
Shila wird sehr viel Zeit brauchen, aber die wird sie auch bekommen. Und schon heute ist deutlich, dass ihre Lebensqualität
sprunghaft durch das Training steigt – nämlich in dem Maße, wie ihre Angst vergeht. Und die nimmt für alle deutlich
sichtbar ab

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15. Juni 2014
Ein weiteres Paket für Shila von ihrer fleissigen Patin Babette Hintze
Durch die zahlreichen Pakete, die Shila bereits von ihrer Patin erhalten hat, kennt sie den Ablauf inzwischen sehr genau. Und sie freut sich
auf die Abwechslung! In der Zwischenzeit hat sie so viel Vertrauen gefasst, dass sie auch nicht mehr flüchtet, wenn wir die Kamera
auspacken. Shila ist sogar bereits so mutig, sich selber die leckersten Sachen aus den Kartons zu stibitzen. Dabei sind harte Kauartikel der Rennen!
Natürlich ist auch dieses Mal ihr Bruder Milo nicht leer ausgegangen. Das Schönste für uns ist, zu sehen, wie sich die Beiden mit
jedem ausgepackten Paket ein bißchen weiter entwickeln. Man hat das Gefühl, dass sie mit jeder Leckerei ein Stückchen weiter aus
ihrem Schneckenhaus heraus schauen.
Das Beste für die beiden wäre aber natürlich nach wie vor eine eigene Familie. Denn auch wenn die Pakete immer wieder Abwechslung
und Beschäftigung für Shila und Milo bedeuten und sie auch immer mehr davon überzeugen, dass auch Gutes von den Menschen kommen
kann, so ersetzen sie doch nicht annähernd die Geborgenheit und Zuwendung, die sie in einem eigenen Zuhause erfahren würden.
Shila |
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Rasse | Mix |
Geboren | 2004 |
Größe | ca. 57 cm |
Kastriert | Ja. |
Krankheiten | Keine bekannt. Gechipt, geimpft, bei Ausreise auf Mittelmeerkrankheiten getestet. |
Behinderungen | Keine. |
Verträglich mit | Hündinnen, Rüden |
Dieses Mal waren auch Shila und Milo endlich mit dabei. Sie haben eine liebe Familie in Vlotho gefunden, wo
sie nun alle Zeit der Welt bekommen, um sich einzuleben.
Vermittelt im August 2014