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Monte Monte

"Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen, wie sie mit ihren Tieren umgeht" (Mahatma Gandhi)


Vorgeschichte: Die Hundehölle

Im Jahr 2007 wurde in der Region Marken in Mittelitalien ein privates Canile konfisziert, in dem die Bedingungen für die Hunde so katastrophal waren, dass selbst die italienischen Behörden nicht mehr wegschauen konnten. Es war eine der typischen italienischen Hundehöllen, in denen die Hunde ausschließlich zu einem Zweck gesammelt werden: um den Besitzer zu bereichern.

Das Leid, das die Tiere dafür erdulden mussten, ist unbeschreiblich. Sie waren auf einem alten Hof untergebracht, dessen Gebäude weitgehend verfallen waren. In diesen Ruinen wurden auf engstem Raum Zwinger errichtet, die mit so vielen Hunden vollgestopft wurden, wie Pfoten den Boden erreichen konnten. Als die Gebäude nicht mehr reichten, um den Geldhunger der Besitzerin zu befriedigen, wurden im Außenbereich Gehege gebaut. Und als dann nichts mehr ging, kettete man die Tiere auf dem blanken Boden fest.

Welche der Unterbringungsmethoden die schlimmste war, lässt sich im Nachhinein kaum mehr sagen. In den Gebäuden, deren Dächer an vielen Stellen undicht waren, so dass Feuchtigkeit und Schimmel die Atmosphäre bestimmten, waren vor allem die ganz jungen und alten Hunde untergebracht. Sie verbrachten ihr Leben vielfach im Dunkeln, denn Licht wurde nur gemacht, wenn das Personal zum Füttern kam. Dabei wurden die Kroketten häufig genug einfach auf den Boden geschüttet, zwischen den Kot, der sich auf dem Untergrund sammelte. Aus diesem Dreck mussten die Tiere sich die Brocken dann wieder heraussammeln. Saubermachen hätte Geld gekostet. Aber der Besitzerin ging es nicht um die Hunde, es ging ihr ausschließlich um ihren eigenen Profit.

Die Welpen waren häufig genug vom Parvovirus befallen und starben an Durchfällen oder an anderen Krankheiten. Der Gestank von Erbrochenem, Exkrementen und Verwesung war unerträglich in den Gebäuden. Eine medizinische Betreuung gab es nicht. Tote Tiere blieben häufig genug liegen und wurden von den anderen aus Hunger gefressen - oder von den Ratten. Die waren sich auch nicht zu schade, die schwachen Tiere bei lebendigem Leib anzunagen und sie um ihre Schwänze oder Ohren zu erleichtern.

In den Außengehegen war die Situation nicht viel besser. Zusammengepfercht auf engstem Raum waren die Hunde einem gnadenlosen Kampf um Futter und Schlafplätze ausgeliefert. Der Stress, unter dem sie standen, war für viele unerträglich. Von allem gab es zu wenig: Schutz gegen die gleißende Sonne im Sommer oder den eiskalten Regen der Wintermonate war so gut wie keiner vorhanden. Die wenigen Hütten waren zerschredderte Rudimente, an denen die Hunde im Laufe der Zeit ihre Verzweiflung und ihren Frust ausgelassen hatten, oft genug ohne Dach oder Wände. Futter war oft Mangelware, frisches Wasser eine Seltenheit. Es herrschte das Recht des Stärksten, der sich nahm, was er wollte - alle anderen hatten das Nachsehen.

Raus kamen die Hunde aus den winzigen Gehegen nie mehr. Tagein tagaus ließen die Robusteren ihre Aggressionen an den Gitterstäben aus, die Schwächeren verkrochen sich sterbend vor Angst in der hintersten Ecke oder dem, was von den Hütten übrig war. Der Stress war unerbittlich und kaum auszuhalten.

Überall dort, wo es noch ging, wurden zusätzlich Hunde auf der blanken Erde angekettet, um auch noch das letzte bisschen Platz zu nutzen. Oft war ihr Bewegungsradius nicht größer als einen Meter, laufen durften sie so gut wie nie mehr. Auch hier gab es kaum intakte Hütten, häufig genug waren die Hunde fast schutzlos jeder Witterung ausgeliefert, aber auch den Fußtritten und Aggressionen des Personals, dem die "Pflege" der Hunde überlassen wurde. Unrat und Exkremente prägten die Umgebung und die Luft des Geländes, Ratten und Mäuse waren allgegenwärtig - die Hundehölle war ein Ort des Grauens für Menschen und Tiere.

Am schlimmsten aber war für die Hunde, dass sie in ewiger Angst leben mussten. Angst vor den Menschen, Angst vor den anderen, stärkeren Hunden, Angst vor den Ratten, Angst vor Hunger, Durst, Regen und Kälte. Wie viele Seelen diese Angst gekostet hat, kann man nur ermessen, wenn man selbst einmal durch solch eine Hundehölle gegangen ist und in die vielen leeren Augen gesehen hat, die niemanden mehr anschauen können. Diejenigen, die den Kampf ums Überleben lautlos aufgegeben haben, deren Seelen verdorrten und starben, sieht niemand mehr.



Das Ende, das ein Anfang war ...

Als die Behörden den Anzeigen der Tierschützer endlich nachgingen und das Gelände mitsamt den Hunden konfiszierten, bot sich ihnen ein unvorstellbares Bild. Uralte, teils schwer kranke und psychisch gestörte Hunde wohin das Auge blickte. An viele konnte man nicht einmal heran kommen, sie ließen niemanden mehr in ihre Nähe, teils aus Angst, teils aus Abwehr. Sie mussten für die Erstversorgung narkotisiert werden, bevor man sie behandeln konnte. Andere hatten gelernt, sich so unsichtbar zu machen, dass sie erst gar nicht wahrgenommen wurden. Nach und nach kämpfte sich eine Tierärztin durch das Heer der Behandlungsbedürftigen, aber manche waren so schwer krank, dass jede Hilfe zu spät kam und sie eingeschläfert werden mussten. Die anderen wurden teilweise auf verschiedene Tierheime verteilt, teilweise vor Ort neu untergebracht, nachdem die Bedingungen verbessert worden waren. Von den ca. 570 Hunden, die dort aufgefunden wurden, überlebten 50 die ersten Wochen nicht, weitere 250 starben im Laufe der nächsten Zeit. In der Zeit, in der ein neues Tierheim gebaut wurde, das endlich zu so etwas wie einer Heimat für die Tiere werden sollte.


Endlich ein Zuhause

Es vergingen Jahre, bis ein Grundstück gefunden war, auf dem ein neues Canile entstehen durfte, bis alle Behördenhindernisse aus dem Weg geräumt waren, bis eine Finanzierung stand und die Gebäude errichtet werden konnten. Aber Anfang des Jahres 2010 war es soweit: Die Hunde wurden aus allen Ecken, in denen sie in der Zwischenzeit untergebracht waren, hervorgeholt und auf dem neuen Gelände wieder vereint: Monte.

Ein Hoffnungsschimmer, der für viele der Hunde so unvorstellbar war, dass sie ihn kaum begreifen konnten. Endlich Menschen, denen ihr Wohl wirklich am Herzen lag, endlich saubere Gehege und großzügige Freiläufe, endlich vor der Witterung schützende Hundehäuser, endlich eine medizinische Versorgung, endlich genug Futter und Wasser - jeden Tag. Endlich ein Hauch von Frieden für die Seelen, die hier ankamen.

Es war eine traurige kleine Gemeinde, die das Canile anfangs bevölkerte - nicht einmal 280 der anfangs 570 Hunde waren noch am Leben. Alle Ankömmlinge waren mindestens sechs bis sieben Jahre alt, viele sehr viel älter. Die meisten hatten ihr gesamtes Leben oder zumindest viele Jahre davon in der Hundehölle verbracht. Ein Großteil wurde von irgendeinem Gebrechen gequält und wenn es kein körperliches war, dann hatten sie schwere seelische Probleme. Vertrauen war ein Wort, das die meisten erst wieder lernen mussten. Dass Hände auch sanft und zart sein können, hatte die Mehrzahl von ihnen noch nie erfahren. Angst war ein allgegenwärtiger Begleiter. Sie konnten nicht glauben, dass sie gefahrlos quer über eine offene Fläche laufen konnten, sondern drückten sich vorsichtig entlang der Zäune oder verließen gar nicht erst die schützenden Hundehäuser. Menschen wichen sie aus, Zuflucht fanden sie nur bei ihresgleichen. Aber nicht einmal dieser Trost war allen möglich, denn manche hatte auch panische Angst vor den eigenen Artgenossen aus der Vergangenheit mitgebracht.

Die Pfleger hatten es in der ersten Zeit nicht leicht. Millimeter um Millimeter eroberten sie bei den Fellnasen das Terrain zurück, das die Menschen vor ihnen als verbrannte Erde hinterlassen hatten. Mit viel Liebe und Geduld wurden aus ängstlichen und verschreckten Kreaturen wieder Hunde, die Freude empfinden und Zuneigung annehmen können. Aus den abwehrenden, aggressiven Zeitgenossen kitzelten sie ihre lange verschüttete Menschenfreundlichkeit heraus. Hunde, die lethargisch in einer Hütte vor sich hin vegetiert hatten, entdeckten für sich das Spielen mit Artgenossen oder Menschen. Leben kehrte nach und nach in die Augen der über so lange Jahre vergessenen Hunde zurück ... und Hoffnung in ihre Herzen.


Einer für alle ...

Bereits die Konfiszierung der Hundehölle im Jahr 2007 hatten einige des adopTiere-Teams miterlebt und sie litten mit den Tieren, die so lange unter diesen unvorstellbaren Bedingungen leben mussten. Dann folgte eine Zeit der Ruhe, in der alles für das neue Canile gerüstet wurde und man kaum etwas von den Hunden hörte, die auf andere Tierheime verteilt darauf warteten, einziehen zu können. Anfang 2010, als die ersten Generatio Vierbeiner die Gehege in Monte bevölkerte, wendete sich Patricia an uns, eine sehr engagierte deutsche Tierschützerin, die seit langem in Italien lebt und das Monte-Projekt und seine vierbeinigen Insassen von Anfang an begleitet hat. Sie hatte uns über die Arbeit in Canalba kennen gelernt und bat nun vorsichtig um Unterstützung auch für "ihre" Hunde.

Jeder, der weiß, wie schwer es gerade die alten, kranken und gehandicapten Hunde haben, ein Zuhause zu finden, wird verstehen, dass wir uns nicht zweimal bitten ließen, ausgerechnet diesen Tieren zur Hilfe zu kommen. Sie waren vom Leben noch weit mehr benachteiligt worden, als viele andere im Tierschutz. Und sie hatten mit Patricia nur einen einzigen Menschen, der daran glaubte, dass auch sie das verdient haben, was eigentlich jedem Hund zustehen sollte: Ein Zuhause und einen Menschen, der ihn liebt.


... und alle für einen

Seither helfen wir - anfangs von vielen unbemerkt - Patricia und den Hunden von Monte. Mit Hilfe von Paten und Spendern konnten schon viele Bedingungen vor Ort verbessert werden. In dem jungen Tierheim mangelte es anfangs an allem. Nach und nach versuchen wir seitdem, die Ausstattung der nackten Gehege zu verbessern und die Tiere mit dem Notwendigen zu versorgen, das sie brauchen - und manchmal auch mit ein klein wenig Luxus. Z.B. wurden und werden nach und nach Holzhütten angeschafft, die ihnen weit mehr Geborgenheit vermitteln als die Plastikschalen, die ihnen anfangs lediglich zur Verfügung standen. Die Hütten bieten den Fellnasen im Winter zudem etwas Schutz vor der Kälte, die durch die unbeheizten Hundehäuser kriecht. Für den Sommer wurden stabile Kinderschwimmbecken angeschafft, in denen die Hunde sich abkühlen können.

Wir kümmern uns auch um eine medizinische Versorgung, die über den Grundbedarf hinausgeht, der ihnen von staatlicher Seite zugestanden wird. Denn gerade diese Tiere mit ihren Altlasten haben oft Behandlungen über das Normalmaß hinaus nötig, die sonst niemand mehr bezahlt. Wir holen Hundetrainer ins Tierheim, die denjenigen helfen, deren Sozialisierung während der Zeit in der Hundehölle auf der Strecke geblieben ist. Unsere Paten und Spender waren vom ersten Augenblick an mit Feuereifer dabei, um ein klein wenig von dem wieder gut zu machen, was das Leben und verantwortungslose Menschen diesen Fellnasen geraubt haben.

Am meisten aber freuen wir uns über die stetig wachsende Anzahl von strahlenden Hundeaugen, die mittlerweile in einem eigenen Zuhause mit einer eigenen Familie leben. Und wir sind dankbar für die Menschen, die mit Bedacht und Überlegung gerade solch einem Tier eine Heimat und ihr Herz anbieten und uns selbstlos helfen, nach all den Jahren der Entbehrungen endlich Glück in das Leben dieser "Vergessenen" zu zaubern.


An der Zukunft bauen ...

Heute leben im Schnitt 250 - 280 Hunde in Monte. Darunter sind mittlerweile auch zunehmend junge, neu hinzu gekommene Tiere, die eine Fröhlichkeit beisteuern, die man über lange Zeit nicht spüren konnte. Die Pfleger geben sich viel Mühe mit ihren Schützlingen und beschäftigen sie, wann immer ein wenig Zeit neben der täglichen Arbeit übrig bleibt. Die aktiven und Junghunde haben einen Agilityparcour, der ihrer Bewegungsfreude entgegen kommt und sie beschäftigt. Die "Verlorenen" üben sich mit Hilfe von Hundetrainern, die von den Paten gesponsert werden, in Vertrauensbildung und Normalität. Mittlerweile ist sogar ein ausgebildeter Trainer unter den Pflegern, der jede freie Minute nutzt, um die Hunde bei ihrer Sozialisierung zu unterstützen, die es am nötigsten haben. Aber auch Gassigänger helfen und gewöhnen die Vierbeiner an ein Leben als Familienhund, das sie bisher nicht kannten. Und von allen erhalten die vielen Schmusebacken dort endlich die Liebe und Geborgenheit, auf die sie so viele Jahre verzichten mussten.

Aber das alles heißt nicht, das es nicht noch eine Menge zu tun gibt, bis die Hunde von Monte nicht nur ein lebenswertes sondern vor allem auch ein sicheres Leben führen können. Bisher ist das Tierheim ein nach EU-Norm errichteter Gebäudekomplex, dem es noch an vielen Ecken an Gemütlichkeit und Geborgenheit mangelt. Das Gelände ist "nackt", es fehlt an Bewuchs und an schattenspendenden Bäumen, die das Klima besonders im Sommer rund um die Hundehäuser verbessern. Auch die Versorgung der Hunde ist noch mehr als dürftig, sie geht über die absoluten Grundbedürfnisse nicht hinaus. Und selbst das ist nur dann gewährleistet, wenn die Gemeinden zahlen - was oft genug über Monate nicht vorkommt, so dass die Existenz der Tiere immer wieder ernsthaft gefährdet ist. Weiterführende Untersuchungen und teure Behandlungen könnten ohne unsere und Ihre Hilfe ebenso wenig finanziert werden wie besonderes Futter (z.B. Nierendiät-, Allergiker- oder auch nur Welpenfutter) oder die so dringend notwendige Unterstützung der Hunde durch Trainer, die ihnen den Weg zurück in ein normales Leben zeigen.

Es gibt noch viel zu tun. Aber mit Ihrer Hilfe werden wir es schaffen, ein wenig Glück und Sicherheit in das Leben auch dieser Hunde zu bringen.



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