Kommt Ihnen das bekannt vor? Morgens kurz vor 7.00 Uhr - schnelle Gassirunde mit dem Hund. Ihr Hund läuft
über die Wiese und hat diverse Schnüffeltermine. Sie haben um 8.00 Uhr den nächsten Termin,
sind gestresst, wann erledigt er endlich sein Geschäft? Kein Platz ist der Richtige. Sie laufen auf und
ab - puh endlich. Sie rufen ungeduldig nach dem Hund. Der schleicht im Zeitlupentempo heran. Sie rufen noch mal,
er schleicht noch langsamer und schlägt noch einen Bogen. Sie kriegen aufgrund der Trödelei langsam
die Krise und schreien noch lauter. Und was macht Ihr Hund? Er legt sich hin und bewegt sich keinen Meter mehr.
Sie rasten aus und möchten den Köter am liebsten über den nächsten Zaun hängen. Tun
Sie natürlich nicht. Was Sie da erleben, ist eines der typischen Missverständnisse zwischen Mensch
und Hund. Ihr Hund ist nicht ungehorsam oder frech oder dominant - Sie haben nur ein Sprachproblem.
Der Hund bemerkt ihre Ungeduld und versucht Sie in seiner Sprache zu beschwichtigen. Diese sog.
Beschwichtigungssignale (Calming Signals) wurden ausführlich von der norwegischen Hundetrainerin Turid
Rugaas erforscht. Sie hat beobachtet, dass Hunde immer die gleichen Zeichen benutzen, wenn sie Konflikte mit
anderen vermeiden und den eigenen Stress abbauen möchten.
Vor allem, wenn mehrere Hunde aufeinandertreffen, lässt sich gut beobachten, wie oft die Tiere per
Körpersprache ihr Gegenüber beruhigen oder "Friede" signalisieren:
Langsam gehen, am Boden schnüffeln, zur Seite sehen, den Fang lecken, all dies sind Signale, um Friedfertigkeit
zu signalisieren und damit Streit zu vermeiden.
Hunde beschwichtigen auch ihren Menschen! Das obige Beispiel erscheint jetzt in einem ganz anderen Licht. Der Hund
merkt Ihren Stress und will Sie beschwichtigen! Bitte bestraf mich nicht! Es kostet den Besitzer keine Sekunde mehr
den Hund freundlich zu rufen. Vielmehr gewinnen Sie Zeit, weil Ihr Hund Sie nicht mehr beschwichtigen muss und
direkt angelaufen kommt. Ausprobieren - es klappt sicher!
Die Tiere zeigen, wann sie sich nicht wohlfühlen. Was wir als innige Liebkosung empfinden z. B. eine
Umarmung, kann den Hund bedrängen. Er dreht den Kopf weg. Wenn wir uns über den Hund beugen,
um ihn anzuleinen, kann er sich bedroht fühlen und erstarrt. Hier hilft es, sich einfach seitlich neben ihn
zu stellen. Es lohnt sich also "hündisch" zu lernen. Die wichtigsten Calming Signals finden sie
in der Tabelle unten.
Jeder Hund versteht vom Welpenalter an diese Sprache und wendet sie an. Konflikten aus dem Weg gehen zu können,
ist gerade für die Streuner und wenig betreuten Hunde aus Süd- und Osteuropa überlebenswichtig.
Diese Hunde sind besonders geübt und deswegen oft so ausgesprochen sozial verträglich. Die
Eingewöhnung eines solchen Hundes wird viel einfacher, wenn auch Sie die Signale kennen.
Fatale Folgen hat es logischerweise, wenn diese Signale vom Menschen fälschlicherweise auch noch bestraft
werden. Der Hund weiß nicht mehr wie er angemessen kommunizieren soll und es kommt zu Problemen.
Vermeidung von direktem Blickkontakt Es gilt als unhöflich oder auch provozierend, einen anderen Hund direkt lang anhaltend anzustarren. Deshalb wird der Blick abgewendet bzw. auch der ganze Kopf abgewendet. |
Langsame Bewegungen Der Hund bewegt sich wie in Zeitlupe. Der andere Hund kann sich so auf die Begegnung einstellen. Klares Signal für: ich bin freundlich. |
Wegdrehen Der gesamte Körper wird seitlich abgewendet. Achten Sie auf der Hundewiese mal drauf, die Hunde stehen sich beim Kennenlernen nicht frontal gegenüber, sondern Sie stehen seitlich nebeneinander. |
Annäherung mit einem großen Bogen Unter Hunden gilt es als unhöflich, frontal aufeinander zu zu rennen. Vielmehr nähert man sich dem Anderen, indem man einen Bogen läuft. |
Erstarren Sehr oft zu beobachten, wenn ein Hund von mehreren anderen bedrängt wird. Der bedrängte Hund erstarrt quasi zu einer Salzsäule und bewegt sich nicht mehr. Meist entspannt sich die Situation dann schnell. |
Hinsetzen oder Hinlegen Auch mit diesen Signalen soll der Stress aus einer Begegnung genommen werden. Große Hunde beschwichtigen so oft die kleineren. |
Pföteln Der Hund hebt einen Vorderlauf an und bleibt kurz in dieser Position. Auch hier ein klares Friedensangebot an Mensch und Hund. |
Gähnen Auch hier baut der Hund Stress ab. Natürlich muss man hier die Gesamtsituation betrachten. Der Hund gähnt natürlich auch mal aus Müdigkeit. Einfach mal beobachten! |
Alle Signale müssen natürlich immer in bezug auf die Situation betrachtet werden. Aber es ist schon viel gewonnen, wenn man als Hundebesitzer mal näher hinschaut und anfängt seinen Hund aufmerksamer zu beobachten.