Mittelmeerkrankheiten: Leishmaniose
Zum Thema Leishmaniose kann man im Internet „ALLES” finden. Da gibt es die Seiten, auf denen die
Leishmaniose als schlimmster Schicksalsschlag überhaupt beschrieben wird, und dann gibt es die anderen, die die
Krankheit mit einem harmlosen Schnupfen vergleichen. Beides hat nichts mit der Realität zu tun. Wir sind an dieser
Stelle um Objektivität bemüht. Deshalb einige wichtige Tatsachen vorweg:
- Die schlechte Nachricht: Leishmaniose ist beim Hund nicht heilbar.
- Die gute Nachricht: Ein mit Leishmaniose infizierter Hund kann im richtigen Umfeld und bei fachgerechter Behandlung ein
langes und erfülltes Leben ohne Schmerzen oder Einschränkungen führen.
- Es soll nicht verschwiegen werden, dass es natürlich problematische Krankheitsverläufe gibt, die mit dem
Tod des Tieres enden können.
Hier kommt mir allerdings immer ein Zitat von John Maynard Keynes in den Sinn:
„In the long run we are all dead.”
Das Wichtigste ist, dass Sie sich ausführlich mit dem Thema auseinander setzen, bevor Sie einen erkrankten Hund aufnehmen.
Der folgende Text soll eine erste Hilfestellung sein. Er ersetzt aber nicht die weitere Recherche und ein Gespräch mit
einem spezialisierten Tierarzt. Wichtig ist, dass dieser sich mit Mittelmeerkrankheiten auskennt, mit Fachlabors zusammenarbeitet,
sich mit Leishmaniose-Spezialisten notfalls austauscht und die Patientenbesitzer nicht unnötig beunruhigt.
Begriffsdefinition
Leishmaniose ist eine in tropischen und subtropischen Gebieten der Welt verbreitete Erkrankung, die durch parasitäre
Einzeller hervorgerufen wird. Diese Einzeller werden durch den Stich der Sand- oder Schmetterlingsmücke auf den Mensch,
den Hund oder jeden anderen Warmblüter übertragen. In unseren Breitengraden ist glücklicherweise (noch) zu kalt
für die Sandmücke. Allerdings soll man vereinzelt schon Exemplare im Bodenseegebiet und im südlichen Rheingraben
gefunden haben (Stand 2007).
Heilungschancen:
Beim Menschen ist die Leishmaniose heilbar. Bei Hunden kann man die Krankheit mit Medikamenten gut unter Kontrolle bekommen
und die akuten Beschwerden lindern. Aber:
Leishmaniose ist
beim Hund nicht heilbar. Eine Behandlung kann dem Hund durchaus über Jahre - auch für den Rest seines
Lebens - ein beschwerdefreies Dasein ermöglichen. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass die Krankheitsverläufe
sehr unterschiedlich sein können. Wird die Leishmaniose nicht behandelt, führt sie auf jeden Fall zum Tod eines Hundes.
Die Hunde sterben aufgrund von Schädigungen der inneren Organe oder an Folgeerkrankungen.
Ansteckung:
Eine Übertragung auf den Menschen ist nur durch den Stich der Schmetterlingsmücke möglich. Allerdings sind
hier trotz der Millionen deutschen Urlauber im Süden nur wenige Fälle bekannt.
Eine Übertragung ohne die Mücke ist theoretisch möglich, aber bisher nie nachgewiesen. Sie wäre nur dann
zu erwarten, wenn infiziertes Blut oder Wundsekret etc. eines befallenen Hundes in den Blutkreislauf des Menschen oder eines
anderen Hundes gelangt. Eine Übertragung durch Speichel konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Anscheinend ist der
Einsatz der Sandmücke nötig, um eine Infizierung zu ermöglichen, denn:
In der Praxis konnte bisher keine Übertragung von Hund auf Mensch/Hund nachgewiesen
werden.
Hinweis: Wenn sie ihren Hund mit in den Urlaub nehmen, kann er genauso infiziert werden! Entsprechende Schutzmaßnahmen
wie ein spezielles Halsband etc. sollten auf alle Fälle getroffen werden.
Leishmaniose hat eine relativ unbestimmte Inkubationszeit von 3 Monaten - 7 Jahren. Dies macht die Diagnose nicht einfacher.
Symptome:
Da die Symptome der Leishmaniose sehr vielfältig sind und die Krankheit teilweise in Schüben auftritt, ist es
relativ schwierig, die Leishmaniose zu erkennen. Die häufigste Erscheinungsform ist die Hautleishmaniose.
Typisch für einen infizierten Hund ist bei dieser Variante der Haarverlust rund um die Augen, entlang der Ohrränder
und an der Schnauze. Kahle Stellen findet man auch an Hals und Beinen. Diese sind häufig entzündet. Schuppige,
ausgefranste Ohrränder, stark wachsende Krallen (meist das erste Anzeichen!), Nasenbluten, Bindehautentzündung,
geschwollene Milz und Lymphknoten sind weitere Symptome der Leishmaniose. Im fortgeschrittenen Stadium magern die Tiere stark
ab, sie fühlen sich matt und haben Durchfall.
Je früher die Infektion erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Überlebenschancen des Vierbeiners.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass die genannten Symptome oft auch Folge der schlechten Lebensbedingungen und Ernährung
der Tiere im Süden sind. So müssen kahle Stellen und Augenentzündung nicht zwangsläufig mit der Diagnose
Leishmaniose einhergehen. Eine ärztliche Untersuchung ist zwingend notwendig.
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Gambenere im Tierheim |
Derselbe Hund, Ende 2007 |
Wenn die Behandlung gut anschlägt, kann ein Hund trotz der Infektion ein beinahe
normales Leben führen. |
Diagnose:
Für die Diagnose wird dem Hund Blut abgenommen und zur Untersuchung auf Antikörper in ein Labor geschickt. Die
Antikörper sind bereits 2-4 Wochen nach Ausbruch der Infektion nachweisbar. Gemessen wird der sogenannte Titer
(Konzentrationsangabe von Antikörpern im Blut) – ein Begriff aus der Labormedizin. Zur Titer-Bestimmung verdünnt man
das Blut und prüft, ob sich die Antikörper noch nachweisen lassen. Der letzte Verdünnungswert ist dann der angegebene
Titer. Ein hoher Titer (Verhältnis 1:2000) deutet auf eine stark Infizierung hin: Der Körper setzt sich massiv mit der
Krankheit auseinander. Ein Titer unter 1:80 gilt als negativ. Allerdings gibt es keine einheitlichen Werte: Deutsche Labore
benutzen ein anderes System als z.B. italienische, so dass Werte verschiedener Institute nicht verglichen werden können.
Den zuverlässigsten Test bietet hier eine Untersuchung des Knochenmarks. Der Nachweis ist aber schmerzhafter für das
Tier, aufwändiger und deutlich teurer. Daher wird sie nur vereinzelt von Tierärzten angeboten.
Behandlung:
Zur Behandlung werden in der Regel zwei Medikamente verwendet.
Zum einen Allopurinol, ein in der Humanmedizin bekanntes
Gichtmittel. Das Medikament ist nebenwirkungsarm und relativ preiswert. Bei den leichteren Fällen gehen die Symptome schnell
zurück und das Tier erholt sich. Allopurinol wird oft verordnet, wenn die Krankheit erstmals ausbricht oder auch durchgehend
zur Vorbeugung neuer Schübe bei chronisch infizierten Tieren.
Bei fortgeschrittenen oder schweren Fällen setzen die Mediziner Glucantime ein. Es wird unter genauer Beobachtung eines
Arztes über einen längeren Zeitraum injiziert. Die Nebenwirkungen sind deutlich stärker. Begleitend sollte das
Immunsystem gestärkt werden und eine Leberschutzbehandlung durchgeführt werden. Das Medikament ist deutlich teurer.
Als Hausnummer muss für eine einmalige Kur bei einem 20 kg schweren Hund mit Kosten von ca. 500 Euro gerechnet werden. Mit
rund 80% liegen die Chancen gut, dass die Symptome zurückgehen und der Hund beschwerdefrei wird. Voraussetzung ist, dass
die Organe nicht zu stark geschädigt sind.
Die Forschung arbeitet intensiv am Thema Leishmaniose, so dass immer wieder neue Medikamente oder Wirkstoffkombinationen auf
den Markt kommen.
FAZIT:
Nicht jeder Hund, der durch einen Stich der Sandmücke mit Leishmanien infiziert wird, erkrankt auch tatsächlich.
Ob die Leishmaniose ausbricht, hängt vom Immunsystem des Tieres ab. Warum bei einem die Leishmaniose ausbricht, bei einem
anderen nicht, warum in einem Fall das preiswerte Allopurinol ausreicht, um die Krankheit zu unterdrücken, in einem anderen
erst eine wesentlich aufwändigere Behandlung zum Erfolg führt, wissen die Ärzte nicht. Jeder Hund setzt sich
auf seine Weise mit der Krankheit auseinander. Besonders in den Ländern, in denen die Leishmaniose heimisch ist, scheinen
Hunde eine gewisse Immunität gegen die Krankheit zu entwickeln. Es gibt deutlich mehr infizierte als erkrankte Tiere.
Unser Rat:
BEVOR SIE EINEN ERKRANKTEN HUND AUFNEHMEN, SETZEN SIE SICH BITTE BEWUSST MIT DEM THEMA
AUSEINANDER!
Folgende Fragen sollten Sie klären und mit einem ausdrücklichen JA beantworten können:
- Haben Sie einen spezialisierten Tierarzt in der Nähe? (Mitteleuropäische Praxen sind oft überfordert mit
der Thematik, da die Krankheit hier ansonsten nicht vorkommt.)
- Sind die zusätzlichen Kosten für Sie tragbar?
- Ist Ihre Familie und das Umfeld mit der Adoption eines erkrankten Hundes einverstanden?
- Haben Sie während des Urlaubs bzw. im Krankheitsfall jemanden, der den Hund kurzzeitig betreuen kann?
- Haben Sie sich damit auseinandergesetzt, dass Ihr Hund früher sterben könnte und dass das Sterben bei dieser
Krankheit für alle Beteiligten sehr belastend sein kann?