Wie alles begann
Es war im Sommer 2001 – ein Sommer wie jeder andere in Italien, heiß und trocken. Und es war ein Tag
wie jeder andere im Tierheim Canalba, ein Tag mit vielen Hunden und wenigen Pflegern, auf die wie immer
viel Arbeit warten würde. Aber es war auch ein besonderer Tag - für die acht Welpen, die morgens
in zwei Kartons vor dem Tor standen. Es sollte der Anfang einer besonderen Geschichte werden, der Geschichte
von Isabella, Chiara, Leona und Nala.
Die acht lieblos entsorgten Welpen, die den Frauen des Tierheims aus den Kartons vertrauensvoll entgegen
schauten, waren weiß. Manche hatten mehr oder weniger ausgeprägte dunklere Flecken und bei
genauem Hinsehen zeigte sich, dass es sich um Maremmanos oder Maremmano-Mixe handelte. Sie schienen alle
ungefähr gleich alt zu sein und es wird immer ein Geheimnis bleiben, ob sie aus einem oder aus zwei
Würfen stammten. Wie immer wurden die Welpen erstmal medizinisch versorgt und dann zusammen in ein
Gehege gesteckt. Vier von ihnen, besonders die Rüden, wurden in der ersten Zeit vermittelt. Sie
begannen eine Karriere als italienischer Wachhund, denn etwas anderes kann ein Maremmano Abruzzese in
Mittel-Italien nicht werden. Vier von ihnen blieben aber zurück und fanden kein neues Zuhause. Und
für diese vier Mädels begann eine lange Zeit des Wartens.
Sie wuchsen heran und wurden zu stattlichen weißen Hündinnen, eine von ihnen hatte dunkle Flecken,
die anderen mehr oder weniger hell-orange Färbungen im Fell. Aber es war niemand da, der Zeit für sie
gehabt hätte, Zeit zum Schmusen und Spielen, Zeit zum Lernen, Zeit zum Bürsten, Zeit um Vertrauen
aufzubauen. Und weil ihnen all das in ihrer Jungend fehlte, wurden die vier Mädels immer
zurückhaltender Menschen gegenüber. Böses erlebt hatten sie nie, sie hatten einfach
überhaupt nichts erlebt und das machte sie unsicher. So lebten sie scheu und - im Laufe der Jahre
zunehmend - zurückhaltend Menschen gegenüber in einem großen Gehege. Eine Chance, dieses
Gehege zu verlassen, hatten sie in Italien nicht mehr, dazu waren sie zu alt geworden.
Aber irgendwo in dem Schicksal dieser Hündinnen muss eine kleine Fee gelauert haben, die noch etwas
Besseres mit ihnen vor hatte. Und als die Mädels fünf Jahre alt waren, fand die Fee, dass die
Zeit des Wartens vorbei sei und sie fing ihre Arbeit an:
Kapitel 1: Isabella
Die kleinste und bunteste der vier war Isabella. Sie war übersät mit dunklen Flecken und Punkten,
die sich durch ihr Fell zogen. Das gab ihr ein etwas anderes Aussehen als den Schwestern. Und sie war auch
die fröhlichste und unbedarfteste von ihnen.
Isabella zeigte trotz der isolierten Haltung die wenigste Scheu vor Menschen und kam schwanzwedelnd an den
Zaun, wenn jemand in der Nähe war. Sie freute sich als einzige über jeden Besucher und genoss die
Schmuseeinheiten, die sie bekommen konnte. Also machte die Fee die Menschen als erstes auf Isabella aufmerksam
und die beschlossen, dass die Hündin ein eigenes Zuhause bekommen sollte. Und weil das in Italien nicht
möglich war, wurde eine passende Familie in Deutschland gesucht.
Es dauerte eine Weile, aber eines Tages meldete sich eine gar nicht so große Frau aus Berlin, die eine
allerdings große Vorliebe für noch viel größere Hunde hatte und eine Gefährtin
für sich und ihren riesengroßen, schwarzen Hovawart suchte. Als sie die Bilder von Isabella sah
und in die Augen der Hündin blickte, wusste sie, dass es Bella und sonst keine war, auf die sie gewartet
hatte.
Sie lebte in einem großen, wunderschön verwilderten Garten mit einem kleinen Häuschen mitten
drin. Das Häuschen hatte als Besonderheit eine Zwei-Türen-Tür: Der untere Teil war eine
große Klappe für Vierbeiner, durch die sie Tag und Nacht zwischen Haus und Garten wechseln konnten.
Und wenn man den oberen Teil mit öffnete, konnten sogar Zweibeiner hindurch gehen. Hunde fühlten sich
verständlicherweise pudelwohl bei diesen Bedingungen und wir beschlossen, dass sowohl die Menschin als
auch der Hundekumpel und die Umgebung genau das Richtige waren, um Isabella ihren Start in ein neues Leben so
einfach wie möglich zu machen. Also nahm die Hündin Abschied von ihren Schwestern und trat die lange
Reise in den Nordosten von Deutschland an.
Die ersten Wochen waren nicht leicht für Bella. Sie musste all das in kürzester Zeit lernen, wozu
andere Hunde fünf Jahre Zeit haben. Aber ihr großer schwarzer Freund Dario half ihr dabei und ihr
Frauchen hatte alles Verständnis der Welt für Isas Situation. Kein Wunder also, dass die drei sich
binnen kürzester Zeit bestens verstanden (auch wenn das Frauchen anfangs etwas betrübt über
Bellas mangelnde Größe von nur 64 cm war).